
SVV-Mehrheit sieht keine Möglichkeiten mehr für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit FWKW-Fraktion zeigt sich bestürzt und spricht von haltlosen Vorwürfen
Es ist ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Stadt Königs Wusterhausen. Eine Mehrheit der Stadtverordneten will das offizielle Procedere für eine vorfristige Abwahl des Bürgermeisters in Gang setzen. Ein erster Schritt dafür ist ein Antrag zur Einleitung eines Bürgerentscheids über die Abwahl von Swen Ennullat bei der Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung. Dieser wurde von den Fraktionen von SPD, CDU, Die Linke, Wir-für-KW/BVO, Bündnis 90/Die Grünen sowie den fraktionslosen Stadtverordneten Stefan Lummitzsch und Dirk Marx am vergangenen Freitag eingereicht.
Der Antrag wurde von allen 25 Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung der genannten Fraktionen und den beiden fraktionslosen Abgeordneten unterzeichnet. Da das Stadtparlament insgesamt über 37 Volksverteter verfügt, sind diese 25 Befürworter des Antrags genau die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit in der SVV, die einen entsprechenden Beschluss für diesen Bürgerentscheid in die Wege leiten kann. „Man kann diese 25 Unterschriften durchaus auch als eine Art Probeabstimmung sehen“, sagt der Vorsitzende der SPD-Fraktion Ludwig Scheetz zu den Aussichten, dass der Antrag angenommen wird und somit der Weg bereitet ist für ein Votum der EinwohnerInnen der Stadt. „Es ist ein Punkt erreicht, an dem die Fraktionen keinen anderen Weg sehen, als die Entscheidung über die Zukunft unserer Stadt in die Hände zu geben, in die sie gehört, in die Hände der Bürgerinnen und Bürger“, begründen die 25 Stadtverordneten ihren Schritt.
Bei der letzten Stadtverordnetenversammlung, die am Anfang der vergangenen Woche über zwei Abende ging, zeigte sich, dass der seit mehr als einem Jahr stets zunehmende Vertrauensverlust zwischen der Abgeordnetenmehrheit und dem Stadtoberhaupt nicht mehr rückgängig zu machen ist. „Dieser Antrag ist ein folgerichtiger Schritt“, betont Ludwig Scheetz, der auch auf ein gerade eingeleitetes Disziplinarverfahren der Kommunalaufsicht des Landkreises gegen Swen Ennullat aufgrund möglicher Dienstvergehen verweist. „Der Bürgermeister beschneidet regelmäßig und systematisch die Rechte der Volksvertreter, das Maß des Erträglichen ist überschritten.“ CDU-Fraktionschef Christian Möbus spricht von der tiefen Enttäuschung der CDU-Fraktion, die vor drei Jahren den neuen Mann an der Rathausspitze zunächst als „frischen Wind“ begrüßte und unterstützte, weil er mit dem Versprechen einer neuen Transparenz und des Kampfes gegen politischen Filz antrat. Nichts davon sei eingelöst worden. „Heute müssen wir feststellen, es gab noch nie mehr Filz als jetzt“, so Christian Möbus. „Im Rathaus herrscht ein Regime der Angst, Stadtverordnete werden eingeschüchtert, oft wird die Einsicht in Verwaltungsakten verwehrt. So kann es nicht weitergehen.“
Bei ihren Vorwürfen gegen Swen Ennullat geht es den Abgeordneten im Kern um die mehrfache Weigerung des Bürgermeisters, Mehrheitsbeschlüsse der SVV umzusetzen und die Tagesordnung des Parlaments ordnungsgemäß zu veröffentlichen. So hat der Bürgermeister noch immer nicht die Fassung des von der SVV-Merheit beschlossenen Haushalts 2020 beim Landkreis zur Genehmigung eingereicht, wozu er auch laut eines inzwischen veröffentlichten Gerichtsurteils verpflichtet ist. Der Linken-Fraktions-Vorsitzende Michael Wippold betont denn auch, dass seine Fraktion deshalb zur Gemeinschaft der Abwahlbefürworter gehöre, weil es schlichtweg um die Demokratie in der Stadt gehe. „Wir haben zum Beispiel gegen den Haushaltsentwurf 2020 gestimmt, aber wir setzen uns natürlich dafür ein, dass er von der Stadt korrekt zur Genehmigung beim Kreis vorgelegt wird, weil ihn das Parlament so mehrheitlich beschlossen hat. So läuft Demokratie.“ In diesem Zusammenhang verweist Michael Reimann von Wir für KW auf den „einzigen und größten Erfolg“ des Bürgermeisters. Da Swen Ennullat so handele, als sei die Stadt sein Eigentum, habe sich dagegen ein Bündnis fest zusammengeschlossen, das ungeachtet der unterschiedlichen politischen Richtungen für die Wahrung der demokratischen Grundprinzipien eintritt.
Die den Bürgermeister Swen Ennullat untersützende FWKW-Fraktion spricht dagegen von haltlosen Vorwürfen einer „Einheitsfront“, mit dem der nächste Schritt der Demontage des demokratisch gewählten Bürgermeisters der Stadt Königs Wusterhausen eingeleitet sei. „Wir sind tief erschüttert“, erklärt der Fraktions-Vorsitzende Thomas Stiller. Er befürwortet eine Sonder-Stadtverordnetenversammlung noch vor Weihnachten, um über diesen Vorgang mit den anderen Fraktionen zu sprechen. Die FWKW fordert die einreichenden Fraktionen des Abwahlantrags auf, ihre eigenen politischen Interessen nicht über das Wohl der Stadt Königs Wusterhausen zu stellen und den Antrag zurückzuziehen.
Im weiteren Verfahren obliegt es nun der SVV-Vorsitzenden Laura Lazarus, eine SVV-Versammlung vorzubereiten, auf der der Antrag auf den Bürgerentscheid zur Abstimmung gestellt wird. Diese muss laut Gesetz frühensten einen Monat, spätestens drei Monate nach dem Einreichen des Antrages stattfinden. Derzeit wird mit einem Termin im Januar 2021 für diese SVV gerechnet. Kommt es zu der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit, die einen Bürgerentscheid zur Abwahl des Bürgermeisters befürwortet, muss danach innerhalb von zwei Monaten die Wahl stattfinden.Dafür würde jeder wahlberechtigte Bürger und jede wahlberechtigte Bürgerin ein Wahlbenachrichtigung erhalten. Zur Abstimmung steht dann – und zwar sowohl per Briefwahl als auch im Wahllokal –, ob sie eine Abwahl des Bürgermeisters bejahen oder verneinen. Für die Abwahl des Bürgermeisters bedarf es dann der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, die zugleich aber auch mindestens 25 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten umfassen müssen.
Würde es tatsächlich zu einer Abwahl von Swen Ennullat kommen, übernähme zunächst der allgemeine Vertreter des Bürgermeisters die Amtsgeschäfte, bis dann schließlich die Neuwahl des Stadtoberhaupts ansteht. Auch dafür gibt es gesetzliche Fristen. Derzeit verfolgen die antragstellenden Frakionen übrigens keinen Plan B, so betonen sie unisono. „Wir werden für diesen jetzt eingeschlagenen Weg werben und wollen möglichst viele BürgerInnen der Stadt dafür gewinnen, sie wieder handlungsfähig zu machen“, sagt Ludwig Scheetz.
TM