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Dienstag, März 19, 2024
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Abiturienten als Architekten des zukünftigen KW

Ein kleines Amphitheater mit Freiluftkino auf dem Kirchplatz; ein einladendes Bahnhofsgebäude mit freundlichen Wartebereichen und dem Wasserturm als extravaganten Sanitär- und Toilettenbereich; ein transparentes, gläsernes Haus der Begegnung als Lückenschluss und Blickfang in der Bahnhofstraße oder das Bauernkaufhaus als Marktort mit regionalen Produkten, Café und einem sich zur Notte hin öffnendem Außenbereich, in dem man gern chillt oder sich zum Gespräch trifft.

Dies sind Visionen und zugleich sehr fundiert untersetzte Vorschläge von Jugendlichen aus Königs Wusterhausen, die mit offenen Augen auf ihre Stadt schauen, in der sie zu Hause sind, in der sie sich aber auch zu Hause und angenommen fühlen wollen. Als erste Schule Königs Wusterhausens hat sich das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium an dem Projekt „Stadtentdecker“ der Architektenkammer Brandenburgs beteiligt, mit dem seit 2014 Schüler der Klassenstufen 4 bis 12 dazu ermutigt werden, sich aus städtebaulicher Sicht Gedanken über ihre unmittelbare Heimatregion zu machen. Das Gymnasium hinterm Kirchplatz von Königs Wusterhausen hat aus dem Angebot einen Seminarkurs für seine 11. Klassen entwickelt.

Zusammen mit der Zeuthener Architektin Friderike Faust und dem Fachlehrer Jörg Schäfer haben die Mädchen und Jungen seit den Herbstferien insbesondere die Innenstadt unter die Lupe genommen. Dabei fragten sie sich – wo und wie fühlen wir uns wohl, was stört, was fehlt, was läßt uns nach der Schule so schnell wie möglich aufs Rad oder in den Bus setzen und abhauen, was ließe uns aber auch gern hier bleiben und wieder kommen? Sie spürten tote Winkel und Schmuddelecken auf, tauschten sich über eigene Erfahrungen und Bedürfnisse aus. So kristallisierten sich in der gemeinsamen Auseinadersetzung mit den realen Gegebenbeiten und den eigenen Ansprüchen – oder auch denen der Eltern und Großeltern – vier Orte heraus, die ihrer Meinung nach Königs Wusterhausen derzeit gar nicht gut zu Gesicht stehen und die sich zugleich mit fehlenden Angeboten an die Bewohner füllen und neu beleben lassen.

Den ihrer Meinung nach eigentlich schönsten, aber zumeist menschenleeren Kirchplatz haben sie gleich zwei Projekte gewidmet, um ihn als Sport- und Erholungsareal oder als Generationentreff endlich zu einem Ort der Begegnung zu machen. Eine Filmleinwand, ein Spiel- und Fitness-Gym mit genererationsübergreifenden Geräteangeboten, eine Bücherzelle mit abgeschirmten Lesebereich zum Austausch und zur gleichzeitigen Lektüre von Literatur, Wasserspiele, Lichtvariationen, Ruhezonen – in einer aufeinander abgestimmten Auswahl an Funktionen und Gestaltungselementen entwerfen die Jugendlichen einen Platz, der zu unterschiedlichen Tageszeiten ein bunt gemischtes Publikum anziehen könnte. Gleiches gilt für das Kaufhaus in der Bahnhofstraße, in dem sie zum einen die Marktfunktion des Gebäudes mit regionaler Produktion verbinden wollen und zugleich die oberen Etagen wieder für die Öffentlichkeit erschließen. Dort sehen sie den Platz für ein Café und für Ateliers oder Kursräume – warum nicht auch unter einer Tageslicht spendenden gläsernen Kuppel, die für die ganze Stadt noch einen besondernen architektonischen I-Punkt setzt!?

Ähnliche Funktionen könnte ein neues Gebäude in der Bahnhofstraße aufnehmen und ausüben, das die Lücke zwischen Sparkasse und Buchhandlung schließt. Da nur eine geringe Grundfläche zur Verfügung steht, machen die Schüler-Architekten den Vorschlag, das Haus ab der ersten Etage mit einem erkerähnlichen gläserenen Vorbau in die Bahnhofstraße hinein zu versehen. In Anlehnung an den jetzt toten Wasserfall könnte diese von Wasser umspielt sein und so auch ein optisches Ausrufezeichen in der Stadtmitte setzen. „Unten sollten auch unbedingt eine Unisex-Toilette und ein Wickeltisch rein“, so die jungen Planer, „das fehlt völlig in der Stadt.“ Deswegen kamen sie in einem weiteren Projekt auch auf die Idee, den Wasserturm am Bahnhof zu einem öffentlichen Toilettengebäude mit behindertengerechten Zugang im Erdgeschoss und einer Außentreppe zu den oberen Bereichen zu machen. Der Turm soll ihren Vorstellungen zufolge mit dem Bahnhofsgebäude verbunden werden. dort sollen im oberen Geschoss attraktive Warte- und Aufenthaltsbreiche mit kleiner Gastronomie entstehen, in denen sowohl die Zug- aber auch die bei Wind und Wetter auf dem Bahnhofsvorplatz stehenden Busreisenden gern verweilen.

Ihre Vorstellungen haben die Abiturienten in Power-Point-Präsentationen zu Papier gebracht. Sie haben recherchiert, fotografiert und gezeichnet. Sie haben diskutiert, Ideen wieder verworfen und sich auf gemeinsame Lösungsangebote verständigt. Die Architektin stand ihnen in fachlichen Fragen zur Seite, mit ihrem Kursleiter trainierten sie die öffentliche Präsentation. Denn am kommenden Freitag, 27. Januar, ab 16 Uhr, wird es nun richtig Ernst. Im großen Saal des Königs Wusterhausener Rathauses werden sie ihre Entwürfe nicht nur der Bürgermeisterin Michaela Wiezorek und weiteren Vertretern der Stadt, der Architektenkammer, verschiedener Landesministerien sowie vor Stadtverordneten präsentieren. Auch die Öffentlichkeit, die Königs Wusterhausener, sind eingeladen, sich zu informieren. Es lohnt sich allemal, sich ein Bild davon zu machen, wie die junge Generation, die ja in gar nicht so langer Zeit die Geschicke dieser Stadt in ihre Hände nehmen soll und wird, auf ihr Königs Wusterhausen sieht.

TM

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