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Mittwoch, November 29, 2023
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Ackerstadt zwischen Tradition und Moderne

Stadtverwaltung und Einwohner von Mittenwalde arbeiten gemeinsam mit einem Planungsbüro am Entwicklungskonzept des Ortes für die nächsten 15 Jahre

Mittenwalde hat alles, was auch den Landkreis Dahme-Spreewald ausmacht. Die Stadt ist sozusagen Nord- und auch schon ein bisschen Süd-LDS in einem. Leistungsfähiges Gewerbe findet sich dort genauso wie Landwirtschaft. Der Ortskern und die Ortsteile bieten attraktives, naturnahes Wohnen und einen vielfältigen Tourismus. Und somit sammelt die alte Ackersiedlerstadt wie LDS auch fleißig Punkte im Ranking der Entwicklungspotentiale und muss zugleich schwer daran arbeiten, dass ihre soziale Infrastruktur mithält und einige ausgeprägte Interessenskonflikte ausgeglichen werden.

Dafür ist von der Stadtverwaltung in Zusammenarbeit mit dem Leipziger Stadtplanungsbüro Urban Management Systems GmbH (UMS) Anfang dieses Jahres eine umfangreiche Bürgerbeteiligung für das Integrierten Stadtentwicklungskonzept (INSEK) i gestartet worden. Seit April boten eine Bürgerumfrage, an der sich rund 800 MittenwalderInnen beteiligten, verschiedene Werkstätten, eine Radtour durch die Ortsteile, Strategiespiele und Workshops Gelegenheit, Zukunftsvorstellungen und kritische Anmerkungen zum Leben in Mittenwalde zu äußern. Im sogenannten „Radar Mittenwalde“ hat das Planungsbüro in Auswertung der bisherigen Mitwirkung der Einwohner ein Zwischenfazit gezogen, das den Ist-Zustand, die Stärken und Defizite des Ortes klar benennt und nun Grundlage für die letzte Etappe bis zum Beschluss des Konzeptes durch die Stadtverordneten im Frühjahr 2023 ist.

Dieser Analyse zufolge wird Mittenwalde bis 2030 um rund 820 Einwohner weiter wachsen, so dass dann rund 10250 Menschen in der Stadt und den Ortsteilen wohnen.Vor allem der Anteil der unter 15jährigen werde durch Zuzug stark zunehmen. Die Bevölkerung zwischen 15 und 65 Jahren bleibt anteilsmäßig relativ stabil. Die ältere Einwohnergruppe werde dagegen durch den demografischen Wandel die stärkste Veränderung erfahren und rund 34 Prozent der Gesamtbewohner ausmachen. Dadurch seien schon mal Schlüsselprojekte für die nächsten 15 Jahre wie der Wohnungsbau, das Angebot verschiedener Wohnformen, mehr Kitaplätze, Schulerweiterungen, eine adäquate Ärzteversorgung und ÖPNV-Anbindung vordefiniert. So wurde zum Beispiel zwar bei einem der jüngsten Bürgergespräche die neue Busverbindung von Königs Wusterhausen über Mittenwalde nach Rangsdorf allgemein begrüßt, die veränderten Anschlussverbindugen aber insbesondere für den Schüler- und Berufsverkehr als völlig unbrauchbar bezeichnet. Auch die Vernetzung unter den Ortsteilen wird als unbefriedigend angesehen, so dass zum Beispiel für den Einkauf immer noch zumeist das Auto genutzt werden muss. Das gelte im übrigen auch für den Radverkehr, für den sich viele Einwohner viel mehr Engagement wünschen.

Beim Wohnungsbau hat die Stadt entsprechend der vorhandenen Bebaungspläne und der bereits in der Diskussion befindlicher Projekte ein Potential von gut 700 Wohneinheiten. In Mittenwalde wird künftiger Zuzug wie generell im Norden von LDS durchaus als Chance betrachtet, aber auch mit großer Sorge gesehen. Die bisherige Bürgerbeteiligung machte klar deutlich, das zahlreiche Vorhaben in der Kernstadt wie zum Beispiel am Millingsweg, aber auch der Schultenheideplan in Töpchin, der Wohnpark in Ragow sowie die Wohnbebauung in Krummensee und in Motzen von vielen Anwohnern als zu überdimensioniert empfunden wird.

Ähnlich zwiegespalten ist die Sicht auf die Gewerbeentwicklung. Zu einen wird die Chance auf wohnortnahe Arbeitsplätze und damit weniger Pendlerverkehr durchaus begrüßt, zum anderen wird der starke Fokus auf Logistikstandorte und das große neue Gewerbegebiet Hechtstücke 2 auch vielfach kritisiert. Damit einher geht die Forderung nach mehr produzierendem Handwerk und die Nutzung freier Kapazitäten in bereits vorhandenen Gewerbeparks in Gallun, Schenkendorf und Ragow. Unbestritten ist eine weitere touristische Entwicklung an Wasser-, Wander-, Rad- und Reitwegen. Auch die stärkere Verbindung mit einem aktiven Erleben des Dorfes und der Landwirtschaft stünde dem Ort gut, meinen die Mittenwalder.

Dies bestätigte sich auch bei der jüngsten Bürgerwerkstatt Anfang Oktober, bei der es unter Berücksichtigung des bisherigen Mitspracheprozesses noch einmal explizit um die einzelnen Ortsteile ging. So wünschten sich die Motzener ganz konkret ihr Haus des Gastes zurück, um es als Veranstaltungs- und Empfangsort für Touristen wieder zu beleben. Die Töpchiner, die stolz auf ihre Schule, Kita und Hort als ihr gesellschaftliches Zentrum sind, betonen die Notwendigkeit des Radwegeausbaus nach Motzen für den Schülerverkehr und nach Groß Köris sowie Heidesee für touristische Zwecke. Ähnlich sehen es die Galluner, die gern sicher mit dem Rad nach Motzen und Bestensee kommen wollen. Sie legen auch großen Wert darauf, dass der Dorfcharakter und das landwirtschaftliche Umfeld erhalten bleiben. Im Kernort Mittenwalde ist nach wie vor die Skepsis groß, dass das Gewerbegebiet Hechtstücke 2 Sichtachsen behindert und Landschaftsräume zerstört.
TM

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