
Die „Career Trophy“ der Agentur für Arbeit von LDS und der Stadt Wildau beschreitet neue Wege bei der Nachwuchssuche
Von wegen alles strebt vom Umland ins hippe, pulsierende Berlin, um dort das Lebensglück zu finden. Rund ein Dutzend junge Hauptstädter machten sich in der vergangenen Woche bei ihrer Suche nach einer neuen Perspektive nach der Schule oder ersten Arbeitserfahrungen genau in umgekehrter Richtung auf den Weg. Sie schauten sich auf Einladung der Agentur für Arbeit im Landkreis Dahme-Spreewald und der Stadt Wildau in Betrieben in Wildau nach einem geeigneten Ausbildungsplatz für sie um.
Es war bereits die zweite Tour der sogenannten „Career Trophy“, die die Stadtverwaltung und die Arbeitsagentur nach einem Wildauer Bürgermeister-Stammtisch im Herbst letzten Jahres spontan ins Leben riefen. „Damals ging es unter anderem auch um das ewig aktuelle Thema des Fachkräfte- und Nachwuchsmangels“, sagt Agentur-Bereichsleiter Boris Müller. Zahlreiche Firmenchefs berichteten, dass sie mehr freie Stellen und Ausbildungsplätze hätten als Bewerber. Da Boris Müller vor seinem Dienstantritt in Königs Wusterhausen und Lübben in der Arbeitsvermittlung in Berlin tätig war, weiß er, dass dort die Situation zum Teil gegenläufig ist – dort rangeln sich mehr Interessenten um die Angebote. „Wir kamen ins Gespräch und spannen ein wenig – lasst uns Stadt- und Landesgrenzen überwinden und die jeweils Suchenden einfach zusammenbringen.“
Seitdem verbindet die Arbeitgeber-Betreuung der Königs Wusterhausener Agentur und die Berufsberatung Berlin Süd ein direkter Draht. Als Dritter im Bunde stellt die Stadt Wildau ihre gemeindeeigenen Busse zur Verfügung – und so rollt nun in loser Folge die „Career Trophy“ von Nord nach Süd. Boris Müller steuerte bei der jüngsten Tour am vergangenen Donnerstag selbst einen der beiden Busse, mit deren Fahrten zu fünf Wildauer Firmen aus den Bereichen Metall- und Anlagenbau sowie Handel und Lagerlogistik möglicherweise neue Lebensabschnitte der jungen Frauen und Männern angeschoben wurden. „Es bringt ja nichts, immer nur in schönen Worten von den neuen Wegen zu reden“, so der Bereichsleiter, „wir müssen sie auch tatsächlich beschreiten, um die aktuellen Probleme des Arbeitsmarktes in den Griff zu bekommen.“
Bei der Autoteile Möbus GmbH ist die Personalchefin Stefanie Barfuß von der neuen Initiative überaus angetan. „Wir machen da gern mit, weil wir immer an motivierten Auszubildenden interessiert sind“, sagt sie. Nach der ersten Tour, für die der Brandenburger Großhandelsbetrieb ebenfalls schon seine Türen öffnete, sei leider noch kein neuer junger Mitarbeiter „hängen geblieben“. Aber man werbe weiter um den Nachwuchs – vor allem auch mit der Aussicht, nach dem Lehrverhältnis tatsächlich auch übernommen zu werden. Von den rund 100 Mitarbeitern an insgesamt neun Standorten hätte ein großer Teil im Betrieb gelernt. „Zur Zeit suchen wir Kaufleute für den Einzel-, Groß- und Außenhandel sowie verschiedene Fachkräfte für die Lagerlogistik“, informiert Stefanie Barfuß, die an diesem Nachmittag in mehreren Durchgängen ihre jungen Gäste durch die Firmenzentrale und das Hauptlager im Wildauer Gewerbepark führte.
In lockerer, ungezwungener Atmosphäre konnten sich die potentiellen Kollegen „beschnuppern“, Fragen zur Berufsschule, zum Arbeitsweg oder zu den Kunden des Betriebes stellen sowie ihre eigenen Vorstellungen über eine eventuelle Bewerbung äußeren.
„Ich komme auf alle Fälle wieder und mache hier ein Praktikum“, versicherte zum Beispiel Niklas Rehberg nach dem rund einstündigen Besuch. Der 17jährige hat gemerkt, dass das Abitur nichts für ihn ist und möchte nun eine Kaufmanns-Lehre antreten. „Das ist ein mutiger und richtiger Schritt, den du da machst“, bestärkten ihn sowohl der Agenturchef als auch die Personalleiterin. „Wir brauchen in den Betrieben gerade auch junge Leute wie euch, die in der Praxis lernen wollen.“
Stefanie Barfuss hat jedenfalls alle Bewerber zur Probearbeit nach Wildau eingeladen und ist ganz optimistisch, dass sie zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres im September den einen oder anderen neuen Mitarbeiter begrüßen kann. Ähnliche Rückmeldungen gab es auch aus den anderen Wildauer Betrieben, wo sich unter anderem auch mögliche künftige Mechatroniker oder Anlagenbauer ausgiebig informierten.
„Wenn bei solch einer Aktion am Ende zwei, drei neue Ausbildungsverhältnisse entstehen, wäre das ein toller Erfolg“, hofft auch Arbeitsvermittler Boris Müller. Er hat übrigens schon das nächste ungewöhnliche Projekt im Kalender vermerkt. Noch in diesem Monat wird es in den Räumen der Arbeitsagentur von Königs Wusterhausen ein Chef-Dating geben. Dabei begeben sich sechs Firmenleiter aus Berlin-Süd, Teltow-Fläming und LDS ins intensive Gespräch mit 18 Arbeitssuchenden, um auf diese Weise freie Stellen und Bewerber sozusagen direkt an einen Tisch zu bringen. Neue Zeiten erfordern eben neue Wege. TM