
Überschuldung im LDS ist leicht gesunken
Die Zahl der Schuldnerfälle, der Menschen, die ihre Rechnung nicht bezahlen konnten, sank 2022 um 274000 Fälle und hat sich gegenüber dem Jahr zuvor auf 5,88 Millionen Menschen verringert. Das heißt – jeder 8. Deutsche ist überschuldet. 2,94 Millionen Haushalte gelten als überschuldet und sind nachhaltig zahlungsgestört. Die Überschuldungsquote, also der Anteil verschuldeter Personen, liegt jetzt bei 8,48 Prozent. Weil es Einschränkungen im Konsum gab, weil die Menschen durch Lockdowns & Co. weniger Möglichkeiten hatten, ihr Geld auszugeben. Zum anderen haben sie auch vorsichtshalber freiwillig weniger ausgegeben. Außerdem haben die staatlichen Hilfsprogramme dazu geführt, dass weniger Menschen in die Verschuldung gerutscht sind. Gründe für Überschuldung sind Arbeitslosigkeit in 1,15 Millionen Fällen, Trennungen in 0,7 Millionen Fällen und Krankheit sowie Sucht mit 1,07 Millionen Fällen – 46 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Fälle mit unwirtschaftlicher Haushaltsführung stiegen um 33 Prozent – und durch längerfristiges Niedrigeinkommen um 196 Prozent(!).
Die Zahlen, die die Unternehmensgruppe Creditreform, Deutschlands führende Wirtschaftsauskunftei und Inkassodienstleister, jetzt präsentierte sind trügerisch: Durch die anhaltende Krisenlage gaben die Menschen weniger Geld aus und die staatlichen Hilfsprogramme schufen etwas Sicherheit für die Verbraucher. Die wahren Belastungen sind die anhaltend hohe Inflation und die ansteigenden Energiekosten, die noch längst nicht vollständig beim Verbraucher angekommen sind, so Patrick-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform. Die Folgen seien nicht akut spürbar, sondern würden zeitverzögert und mit Langzeitwirkung auftreten. Bei den hohen Energiekosten ist davon auszugehen, dass der große Ansturm auf die Schuldnerberatungsstellen noch bevorsteht, da die Abrechnungen für das Jahr 2022 noch nicht alle verschickt wurden.
Der Verbraucherkonsum hat inzwischen wieder angezogen. Die Menschen geben ihr angespartes Geld aus, um wieder Urlaub zu machen, Kulturangebote wahrzunehmen und Restaurants zu besuchen. Aber insgesamt haben immer mehr Menschen kein Geld mehr. Sie drehen sich im Kreis. „Die in der Corona-Krise angehäuften Sparguthaben sind vielfach schon wieder aufgebraucht. Das trifft vor allem Geringverdiener, die auch in normalen Zeiten nicht viel auf die Seite legen konnten. Viele haben sich auch Grundstücke oder Häuser gekauft“, sagt Patrick-Ludwig Hantzsch. Und dabei hätten sie oft nicht einkalkuliert, dass die Kredite auch unter veränderten Bedingungen abzubezahlen sind.
In Deutschland liegt die Überschuldung jetzt bei 8,48 Prozent, 2017 waren es noch 10,04 Prozent. In Brandenburg ging die Quote von 8,62 auf 8,23 Prozent zurück. Der Brandenburger Wert liegt damit erneut leicht unter dem Bundesdurchschnitt, der Berliner darüber. Bundesweit mit die meisten Schuldner gibt es im Ruhrgebiet, vor allem in Essen, Duisburg und Dortmund. In Bayern haben die wenigsten Menschen Schulden, nur 7,31 Prozent. Im Kreis Bremerhaven sind es mit über 19 Prozent die meisten. Im Landkreis Dahme-Spreewald sind wie in Bayern 7,31 Prozent der Bewohner überschuldet.
Zwischen den einzelnen Regionen gibt es nicht geringe Unterschiede. Im bundesweiten Vergleich der Überschuldung von 401 Landkreisen, kreisfreien Städten und Städteregionen belegt Potsdam-Mittelmark mit Platz 83 den besten regionalen Rang. LDS steht auf Platz 148, Teltow-Fläming rangiert auf Platz 243. Potsdam liegt bundesweit auf Rang 131, Berlin auf 340. Schlusslicht ist Brandenburg an der Havel. Die Fachleute von Creditreform und die Mitarbeiter der Schuldnerberatungen sind besorgt, dass es trotz Rückgang der Überschuldungszahlen immer mehr Menschen nicht gelingt, aus der prekären Situation wieder herauszukommen. Hinzu kommt die steigende Altersarmut und die damit einhergehende Altersüberschuldung.
Ulli Rochow