
Die Stadtverordnetenversammlung hat einen Beschluss zur Änderung des Bebauungsplanes in Zeesen kurzfristig verschoben
Dass sich eine Nachricht zur Änderung der Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung von Königs Wusterhausen wie ein Lauffeuer verbreitet, ist sicher kein ganz alltäglicher Vorgang. Ende letzter Woche wurde bekannt und schließlich auch von der Stadtverwaltung bestätigt, dass der für Montag vorgesehene Beschluss zur Änderung des Bebauungsplanes an der Schütte-Lanz-Straße in Zeesen aus dem Programm gestrichen und auf die neue Legislatur nach der Wahl am 26. Mai verschoben werden soll. Das wurde nicht nur im Ortsteil, sondern im ganzen Stadtgebiet schnell zum Gesprächsthema, hatte doch eine Bürgerinitiative in den Tagen zuvor die Öffentlichkeit mobilisiert.
Westlich des neuen Wohngebietes Kronenhof, das seit 2010/11entstanden ist, soll eine weitere Bebauung erfolgen. Vorgesehen sind laut Planungsentwurf „alten- und behindertengerechte Wohnungen im Kontext mit unterstützenden Dienstleistungen in zentraler Lage der Stadt Königs Wusterhausen“. Auf Nachfrage konkretisierte die Stadt, dass es um eine Seniorenwohnanlage geht, die nach ihrem derzeitigen Kenntnisstand der Grundstückseigentümer selbst errichten wolle. Über die Größe der Wohnungen und die Höhe der Mieten könnten noch keine Angaben gemacht werden.
Das Problem – es handelt sich um eine Fläche, auf der 2,59 Hektar Wald gerodet werden müssten. Sowohl im bislang rechtskräftigen Bebauungsplan als auch im Entwurf des Gesamtflächennutzungsplanes von Königs Wusterhausen sind die entsprechenden Flurstücke als Wald eingestuft. Die Stadtverordnetenversammlung sollte am vergangenen Montag einer Umwidmung der Fläche zu Wohnungsbauzwecken zustimmen und dem Projekt insgesamt grünes Licht erteilen. In den Ausschüssen hatte es dazu vorher weitgehend Konsens unter den Fraktionen gegeben, nur einzelne Abgeordnete lehnten das Vorhaben ab. Eine Bürgerinitiative hatte sich aber in den letzten Tagen mit einer Online-Petition und Unterschriftensammlungen massiv für die Rettung des Waldes eingesetzt. Auf den Unterschriftenlisten, mit denen die Miglieder in Königs Wusterhauaen und den Ortsteilen unterwegs waren, haben sich innerhalb einer Woche über 570 Königs Wusterhausener eingetragen. Online meldeten sich über 750 Unterstützer.
Insofern verbucht die Bürgerinitiative die Verschiebung der SVV-Entscheidung als einen ersten Erfolg. „Dafür hat unser Druck offenbar erst mal gereicht“, sagt Lothar Spiller, der sich mit rund 30 weiteren aktiven Mitgliedern in der Initiative engagiert. „Aber die Aktion geht weiter, bis der Erhalt der Waldfläche gesichert ist.“ Nur darum geht es ihm und auch den anderen Mitstreitern, betont er, der selber seit sieben Jahren am Kronenhof lebt. „Wir haben nichts gegen dringend notwendigen Wohnungsbau – auch nicht vor unserer Haustür“, sagt der alteingesessene Zeesener. Die Bürgerinitiative verweist zum Beispiel auf die Freifläche zwischen Kronenhof und Karl-Liebknecht-Straße, für die ursprünglich eine Bebauung mit altengerechtem Wohnraum vorgesehen war. „Warum setzt sich die Stadt nicht dafür ein, dass dort etwas entstehen kann?“, so der Anwohner, der zugleich auch noch auf weitere freie Flächen an der Schütte-Lanz-Straße verweist. „Es geht einzig darum, dass wir es heutzutage einfach nicht mehr zulassen dürfen, einen intakten, wertvollen Mischwald zu vernichten.“ Greifvögel seien dort zu beobachten, der Pirol zu hören. Fledermäuse und auch die geschützte rote Waldameise sind dort heimisch. Dagegen stehen aber auch Stimmen von Anwohnern, die den Wald als wilden und unsicheren Ort kritisieren. „Ich fände es gut, wenn hier mal Ordnung geschaffen wird“, sagt zum Beispiel Manfred Hauke, der in den ehemaligen Werksblöcken hinter dem Wald lebt.
Dass es sich bei besagtem Waldstück aber um eine „Fläche mit hoher ökologischer Wertigkeit gerade für den innerstädtischen Bereich der Stadt Königs Wusterhausen“ handelt, ist fachlich verbrieft. Die untere Forstbehörde vom Landesbetrieb Forst Brandenburg stuft es als Klimaschutz-, Immissionschutz- und Sichtschutzwald ein, das für Frischluft, Staubfilterung und Lärmminderung sorgt. Aus diesen Gründen lehnt die Forstbehörde die Rodung ab. Auch die Königs Wusterhausener Grünen, die nicht in der SVV vertreten sind, protestieren gegen die geplante Rodung. Sie meinen, es gebe besser geeignete Standorte. Im Interesse der nachhaltigen Stadtentwicklung müsse die Waldfläche erhalten bleiben.
Landesumweltamt und die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Dahme-Spreewald hatten dagegen keine Einwände und stimmten unter Auflagen wie zum Beispiel bestimmter Lärmschutzmaßnahmen und der Umsetzung geschützter Arten dem Projekt zu. Auch die Stadt Königs Wusterhausen betrachtet „die Inanspruchnahme des Waldes“ als „nicht vermeidbar“, weil ein „akuter Handlungsbedarf“ besteht, um die Nachfrage nach bedarfsgerechten Wohnformen zu erfüllen. Die in Rede stehende Fläche sei verkehrlich und mit technischer Infrastruktur vollständig erschlossen, liege in fußläufiger Entfernung zu Haltestellen des ÖPNV sowie Versorgungs- und Dienstleistungseinrichtungen und schließe somit in städtebaulich integrierter Lage eine Lücke. Außerdem verweist sie darauf, das am Baufeld fast 3,5 Hektar Wald erhalten bleiben und intensive Pflanzmaßnahmen vorgesehen sind. Für die freie Fläche zwischen der Karl-Liebknecht-Straße und dem Kronenhof, die sich ebenfalls in Privatbesitz befindet, habe man keine rechtliche Grundlage, um dort altersgerechten Wohnraum zu fordern. Der Grundstückseigentümer bereite derzeit einen Bauantrag vor, um dort entsprechend dem gültigen Bebauungsplan Wohnhäuser mit Mietwohnungen zu errichten. TM