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um das Projekt Dahme-Nordufer

Die merkwürdige Geschichte 
um das Projekt Dahme-Nordufer

Ein erster Notarvertrag regelte bereits Pflichten und Rechte des Investors und der WiWO / Jetzt ist in Wildau Transparenz gefragt – von allen Seiten!

In unserer Ausgabe vom 30. Juni gab die Bauwert AG, die für das kontaminierte Grundstück am Dahme-Nordufer den Bau eines attraktiven Wohnquartiers für breite Schichten der Bevölkerung plant, bekannt, dass nunmehr unter der Adresse www.dahmeufer.de eine umfangreiche Dokumentation zur Entwicklung des Projekts veröffentlicht wurde. Dabei verspricht die Bauwert AG „volle Transparenz zum Dahme-Nordufer“. Wir haben uns einmal näher mit der Seite befasst.

Auf den ersten Blick fällt uns die übersichtliche Gestaltung ins Auge, die es dem Besucher leicht macht, sich auf der Seite zu orientieren. So kann sich jeder Nutzer schnell einen Überblick über das geplante Projekt verschaffen, aber auch im Detail recherchieren. Interessant ist vor allem, dass die Texte der Bauwert AG mit entsprechenden Dokumenten belegt werden. So zum Beispiel mit Notarverträgen zwischen der Wildauer Wohnungsbaugesellschaft (WiWO) und der Bauwert AG, Kostenübernahmevereinbarungen durch Bauwert gegenüber der Stadt Wildau, Machbarkeitsstudien, Kostenschätzungen und den entsprechenden Protokollen der Stadtverordnetenversammlung (SVV) inklusive der schriftlichen Reaktionen der Bauwert. Vor allem das macht viele Informationen auf der Seite brisant. Insbesondere empfiehlt sich ein Blick in die Projekthistorie unter: Dahmeufer/Information/Projekthistorie.

Hier erfährt man unter anderem, dass Wildau sich seit vielen Jahren bemüht, das Gelände am ­Dahme-Nordufer städtebaulich zu entwickeln und dafür Partner gesucht hat. Alle Interessenten haben aber – nach eingängiger Untersuchung des Areals – auf Grund der starken Bodenverunreinigungen von einer weiteren Projektentwicklung abgesehen. Nicht so die Bauwert AG, die Erfahrungen mit großen kontaminierten Grundstücken hatte. Daher war sie im Einvernehmen mit der WiWO und deren Aufsichtsratsmitgliedern, zu denen auch die jetzige Bürgermeisterin Angela Homuth gehörte, sowie mit dem damaligen Gesellschaftervertreter Marc Anders bereit, sich dieser Herausforderung zu stellen. Das wurde bereits am 17. Juli 2015 auch in einem ersten notariellen Vertrag zwischen der WiWO und Bauwert so festgehalten, der auf der Seite hinterlegt ist.

Danach lief erst einmal alles wie geplant. Die Bauwert AG übernahm alle Kosten für sämtliche noch zu erbringende Gutachten, insbesondere zur Beseitigung der Kontaminierung und zur Verkehrsbelastung durch das neue Quartier. Das Bodensanierungsgutachten ergab Kosten von rund 20 Millionen Euro, die die Bauwert AG als potentieller Investor zu 70 Prozent übernehmen will. So regelt es der erste Notarvertrag vom Juli 2015. 30 Prozent soll die WiWO tragen. Zusätzlich wurde die BAUWERT AG gemäß dieses Notarvertrages nach Baurechtsschaffung dazu verpflichtet, die kompletten Kosten der Innenerschließung der gesamten Projektfläche, die Kosten der Baureifmachung sowie die Kosten für die Schaffung der öffentlichen und privaten Außenanlagen, der Straßen und Wege, der Plätze, der Beleuchtung, der Anlage von Grünflächen etc. auf dem von BAUWERT entwickelten Grundstück zu übernehmen. Auch die festgelegten Pflichten der WiWO waren klar geregelt: Die Wohnungsbaugesellschaft hat als 100prozentige Tochtergesellschaft der Stadt Wildau gemäß Vertrag alles zu unternehmen, um das Vorhaben entsprechend den Vorgaben des Notarvertrages zu unterstützen, damit in Folge ein Bebauungsplan auf dem Areal umgesetzt werden kann.

Am 30. April 2019 beschloss die SVV Wildau schließlich die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Dahme-Nordufer. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Kosten seitens der Bauwert AG bereits auf insgesamt 4 Millionen Euro summiert. Anfang 2020 wurde dann die für eine Einwohnerversammlung vorgesehene Präsentation des Projekts erarbeitet, die aber auf Grund der Corona-Pandemie erst am 14. September 2020 nur im Rathaus Wildau vorgestellt werden konnte. Die zuvor mehrmals auf Anregungen aus der Rathausspitze und der Stadtverordneten geänderte Fassung fand die Zustimmung aller Anwesenden. Das waren unter anderem die Bürgermeisterin Angela Homuth (SPD), Marc Anders und Mark Scheiner, Vorsitzender der CDU/FDP-Fraktion in der SVV Wildau. Ebenfalls wurde beschlossen, dass eine bauliche Studie zur Bahnunterführung der Freiheitstraße auf Kosten der Bauwert in Auftrag gegeben werden soll. Darüber hinaus wies die Bürgermeisterin darauf hin, dass das Konzept mit den zuständigen Umweltbehörden detailliert abgestimmt werden müsse. Was dann auch erfolgte. Später stellte sich jedoch heraus, dass die Stadt Wildau das zuvor bestätigte Sanierungskonzept für das Grundstück im Rahmen der Trägerbeteiligung abgelehnt hatte. Und das trotz der vom Umweltamt LDS befürworteten Konzepte!

Am 15. September bedankt sich die Bauwert AG in einem Schreiben an Frau Homuth „ausdrücklich“ für „die sehr konstruktive Unterredung vom gestrigen Tage“ und bestätigt darin „im Rahmen des erfolgten Aufstellungsbeschlusses zur Entwicklung des o. g. Areals (Wildau Dahme Nordufer; Anm. d. Red.)“ die Beauftragung des auf Bahnunterführungen spezialisierten Ingenieurbüros „mit der Erstellung einer Vorplanungsunterlage zur Beseitigung des Bahnübergangs in Wildau Freiheitstraße“.

Und ab diesem Zeitpunkt wird die Geschichte höchst merkwürdig! Der Hauptausschuss des SVV Wildau initiierte auf seiner Sitzung am 17. November 2020 eine Beschlussvorlage zu einem generellen „Moratorium für die Schaffung von neuem Baurecht, in dessen Folge weiterer Zuzug entsteht“. Einen Tag später versicherte Frau Homuth in einem Telefonat mit dem langjährigen Bürgermeister der Gemeinde Heidesee Siegbert Nimtz, der als externer Berater der Bauwert bei fast allen Gesprächen zum Projekt mit dabei war, dass das Moratorium nicht für das Dahme-Nordufer gelte. Darauf erwiderte Herr Nimtz, dass sie dafür aber die Beschlussvorlage ändern müsse, wie er im KaWe-Kurier-Gespräch bestätigte.

In einem Schreiben der Bauwert AG an Frau Homuth vom 23. November 2020 heißt es dazu: „Sie werden Verständnis dafür haben, dass uns der am 17.11.2020 in der Hauptausschusssitzung getroffene Beschluss, wonach keinerlei Neubaumöglichkeiten in Wildau mehr zugelassen werden sollen, insbesondere auch vor dem Hintergrund unserer Besprechung vom 14.09.2020, mehr als irritiert hat. Es ist uns unbekannt, ob Sie die grundstücksbezogenen Mehrkosten, welche wir Ihnen … übermittelt haben, dem Aufsichtsrat der WiWO, den Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung sowie den Mitgliedern der zuständigen Ausschüsse zugängig gemacht haben. Anlässlich der am 01.12.2020 stattfindenden Stadtverordnetenversammlung … würden wir vorschlagen, zumindest die Fraktionsvorsitzenden über das neue, mit Ihnen zusammen erarbeitete Konzept (vom 14. September 2020; Anm. d. Red.) zu informieren“. Dem Schreiben beigelegt wurde eine vollständige Dokumentation des Werdegangs.

Gleichwohl wurde am 1. Dezember 2020 in der SVV Wildau die Beschlussvorlage zum Bau-­Moratorium bestätigt – ohne Änderungen! Und den Vertretern der Bauwert AG wurde auch nicht gestattet, eine Stellungnahme vor den Abgeordneten abzugeben! Interessant dabei ist, dass die Beschlussvorlage laut Protokoll der SVV von der SPD-Fraktion, also von der Fraktion von Frau Homuth, eingereicht wurde. Die Bauwert AG hat dagegen – vereinbarungsgemäß – die am 14. September beauftragte Voruntersuchung für die Bahnunterführung in der Freiheitstraße bezahlt.

Siegbert Nimtz ist in unserem Gespräch einfach fassungslos über die derzeitigen Vorgänge in Wildau. Er sagt: „Ich habe Frau Homuth in unserem Telefonat gefragt, ob sie allen Ernstes in Wildau alles lahmlegen will? Ihr Verhalten gegenüber dem Investor ist in meinen Augen respektlos und nicht nachzuvollziehen!“

VE

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