Die nächste Perle 
auf der Zeuthener Villenschnur

Auch die zweite Reihe hinterm See weiß zu glänzen: 
Thüringer Ehepaar poliert 100 Jahre alte Kaufmannsvilla auf

Die Zeuthener Villen sind zweifellos architektonische Perlen unserer Region. Sie machen die langgestreckte Seestraße trotz des Verkehrs und fehlender Geschäfte zu einer zwar anstrengenden, aber durchaus lohnenden Flanier- und Spaziermeile. Klar, über den See zu schippern und dabei entspannt den Blick über die Gärten hinweg auf Fassaden, Giebel, Freitreppen und Balkone zu richten, ist noch ein Stückchen reizvoller. Aber dann verpasst man die sogenannte zweite Reihe, die auch ein paar feine Hingucker zu bieten hat.

Da sticht zum Beispiel jetzt besonders die wohlproportionierte Villa in der Seestraße 51 ins Auge. Obwohl die Fassade überwiegend im dezenten Grau gehalten ist, strahlt sie förmlich gegen den tristen Novemberblues an. Lange Zeit hat man das über 100 Jahre alte Haus, das von einem betuchten Berliner Kaufmann im Jahr 1903 errichtet wurde, nur deshalb wahrgenommen, weil struppiges Grün aus dem maroden Gemäuer wuchs. Es stand gut 15 Jahre leer. Nun ist nach gut zweijähriger Sanierung das Baugerüst gefallen und zum Vorschein gekommen ist ein Gebäude, das sich mit fein gegliederter Fassade, mit dezentem weißen Wandschmuck und Simsen sowie einer luftigen Holzveranda in seiner ganzen schlichten Eleganz zeigt. „Ist es nicht das schönste Haus von Zeuthen!?“, sagt Raic Ammarell mit spürbaren Stolz. Es ist keine Frage, sondern eher eine schwärmerische Liebeserklärung.

Der 54jährige Besitzer hat das Haus nach langen Bemühungen im Oktober 2017 von der ­vorherigen Eigentümerin erwerben können. Der Thüringer hat oft in der Region der Dahme-Seen Urlaub gemacht. Und da er und seine Frau Rebecca Ammarell-Maempel ein Faible für historische Bausubstanz haben, zog es sie auch zwangsläufig immer wieder in die Seestraße von Zeuthen. „Dabei sind wir auf dieses Kleinod gestoßen und haben trotz des schlechten Zustands sofort seinen Charme erkannt“, erzählt Raic Ammarell. Den Blick dafür hat das Ehepaar, das nach der Wende aus seiner Leidenschaft einen Beruf machte. Es gründete in seiner thüringischen Heimat eine Immobilien- und Sanierungsfirma, die es sich zum Ziel machte, alte Bausubstanz vor dem Verfall zu retten. „Wir kaufen die Gebäude, die oft schon sehr lange leer stehen, bringen sie mit unseren Partnern vom Keller bis zum Dach wieder in Ordnung und vermieten sie dann als Wohnraum“, erklärt Raic Ammarell.

Auf diese Weise sind insbesondere in Thüringen schon eine ganze Menge an Objekten gerettet worden – vom kleinen Schlösschen bis zum alten Schulhaus. Dabei wird darauf geachtet, so viel wie möglich von der ursprünglichen Substanz zu erhalten und die alten Baumaterialien zu integrieren. In der Villa in Zeuthen konnten alte Hölzer für die Veranda oder zahlreiche Holztüren wieder verwendet werden. Stuckelemente und Wandschmuck wurden restauriert bzw. wieder ergänzt, im Eingangsflur sorgt eine wieder aufbereitete Deckenmalerei für einen stilvollen Empfang. Besonders hat sich der Bauherr, der in fast allen Gewerken fleißig selber mit Hand anlegt, darüber gefreut, dass Nachbarn einige Originalteile wie schmiedeeiserne Gitter vorbeibrachten, die sie während des Leerstandes vor Vandalismus oder Diebstahl gerettet hatten. „Das ist eine schöne Geste, die zeigt, dass unsere Arbeit auch Wertschätzung im unmittelbaren Umfeld findet“, sagt Raic Ammarell. Er hofft, dass er das fertige Haus mit seinen beiden modernen, das Flair der Gründerzeit atmenden Wohnungen sozusagen als nächste Perle auf der Zeuthener Villenschnur auf dem diesjährigen Weihnachtstisch präsentieren kann. TM