Die Welt im Klassenzimmer

Japanische Studenten schnuppern deutschen Schulalltag in der Villa Elisabeth von Wildau

Englisch, Deutsch, Japanisch – die Wörter schwirren gleich in drei Sprachen durch die Köpfe von Mayu, Yusuke, Hitomi, Koji und all der anderen Gastschüler, die an diesem Morgen am Englisch-Unterricht der Klasse 10a des Wildauer Gymnasiums „ Villa Elisabeth“ teilnehmen. 19 japanische Studenten der Teikyo Universität aus Tokio haben sich unter die Wildauer Schüler gemischt. Der Unterricht findet in der „Aula“, in zwei miteinander verbundenen Klassenräumen statt, damit überhaupt alle Platz finden.

Die weit gereisten Gäste, von denen viele Deutsch in ihrem Heimatland studieren,  sind auf einer dreiwöchigen Berlin- und Deutschland-Exkursion. Der Berliner Tochter-Campus der Tokioer Universität, der sich mit Seminarräumen und Gästehaus am Ufer des Zeuthener Sees in Berlin-Schmöckwitz direkt an der Grenze zum Landkreis befindet, hat ihn organisiert. Die japanischen Studenten drücken dort am Vormittag die Schulbank beim Deutsch- und Englisch-Unterricht. An den Nachmittagen erkunden sie ausführlich Berlin. Tages- und Wochenendreisen führen sie zudem nach Dresden, München und Prag. Und schließlich gibt ihnen das Wildauer Gymnasium die Gelegenheit, in den deutschen Schulalltag hinein zu schnuppern.

Trotz der weit mehr als dreißig Jugendlichen ist es mucksmäuschenstill im Raum, als Englisch-Lehrer Holger Köhler seine Fragen zum gerade gehörten Interview stellt. Darin steht Lena, ein Mädchen aus einer deutschen Kleinstadt, einem englischen Reporter Rede und Antwort zu einer Telefon-App, mit der sie in der Dunkelheit die Straßenbeleuchtung auf ihren Wegen durch den Ort steuern kann. Es geht um das Gefühl von Sicherheit, um Energieeffizienz, um technische Parameter. Es ist ein anspruchsvoller Text, den sich die Jugendlichen in Rede und Gegenrede erschließen sollen. Holger Köhler doziert nicht. Er spricht mit den Schülern. Das ist für die japanischen Gäste, die durchweg drei, vier Jahre älter sind, sehr ungewohnt. „Das macht den Reiz dieses Unterrichts aus“, sagt der Sprachlehrer, der zugleich auch Geschäftsführer der Schulgesellschaft ist, in einer Stundenpause. „Hier prallen zwei unterschiedliche Schulsysteme aufeinander. In Japan hält der Lehrer, der Professor einen Vortrag und Schüler und Studenten schreiben mit. Wir haben einen viel kommunikativeren Ansatz.“

Es geht nicht darum zu werten, was ist besser. Es geht darum, im direkten Kontakt zueinander Sprachbarrieren abzubauen, sich etwas zuzutrauen, aufeinander zuzugehen, sich ein ganz kleines bisschen kennen zu lernen. Die deutschen Schüler und japanischen Studenten sitzen gemischt in den Schulreihen. Irgendwann im Verlaufe der gut zwei Stunden spricht der eine  oder die andere den Nachbarn an, stellt eine Frage. Schüchternes Lächeln huscht über die Gesichter, man spricht miteinander. Das ist der Sinn. Darum geht es den Organisatoren von der Villa Elisabeth und dem Teikyo-Campus in Schmöckwitz.

Die Kontakte bestehen schon viele Jahre. „Wir liegen ja nicht nur dicht beieinander“, sagt der Vorstandsvorsitzende der deutschen Teikyo-Stiftung Lothar Peterwitz, der die japanischen Gäste vor Ort betreut.  „Beide Einrichtungen setzen auf Internationalität und Weltoffenheit. Da findet man automatisch zusammen.“ Am Zeuthener See gab es schon japanische Nachmittage mit Musik und landestypischem Essen. Die internationalen Schüler der Villa Elisabeth finden dort ihr zweites Zuhause auf Zeit und können dabei alle Einrichtungen des Campus nutzen. Und schließlich sind die Abiturienten jedes Jahr mit ihrem feierlichen Abschlussball zu Gast.

Für die Schüler der 10a ist es bis dahin noch ein Stück Weg. Auf dem werden sie aber weiter den Kontakt in die große weite Welt suchen. Gerade ist eine neue Partnerschaft zu einer Schulklasse in Taipeh, der Hauptstadt von Taiwan, geknüpft worden. Karten und Mails wandern in englischer Sprache um den Globus. Und jetzt laufen gerade die Vorbereitungen für die erste Skype-Konferenz, die die Mädchen und Jungen aus Deutschland und Asien noch in diesem Monat zumindest visuell zu Banknachbarn machen wird.

T+F: TM

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