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Ein Hauptgwinn für die Gebrüder Willy, Seppl und den Artenreichtum

Wissenschaft, Wirtschaft, Wasserbüffel: Wildau ist der Beweis dafür, dass das zusammen passt

Die Storkower Burgbüffel sind eindeutig schon so etwas wie die heimlichen Stars von Wildau. Mit großem Bahnhof wurden sie in der vergangenen Woche von zahlreichen Einwohnern willkommen geheißen, als sie wieder für eine lange Weidesaison auf den Dahmewiesen anreisten. Ein wenig scheu tapsten zunächst die beiden eineinhalbjährigen Jungbullen Willy 1 und 2 – benannt nach ihrem Vater Wilhelm – aus dem Transporter an ihren „Platz an der Sonne“ zwischen Schwartzkopffsiedlung und der Dahme. Dann kam Ochse Seppl mit gemächlichen, sicheren Schritt hinterdrein. Der fünfjährige strotzt schließlich vor Kraft, hat schon eine ganze Menge Lebenserfahrung und auch Ortskenntnis. Schon in der Vergangenheit labte er sich am nahrhaften Futterangebot der Feuchtwiesen und tat dabei zugleich ein gutes Werk für den Artenreichtum vor der Haustür des High-Tech-Ortes.

Seit nunmehr sieben Jahren kommen die Exoten nach Wildau und beleben dabei nicht nur das Ortsbild, sondern auch die stark verschilften Flächen des Naturschutzgebietes. Triebwerkforschung, Schmiedefeuer und natürliche Rasenmäher im Dreiklang – das gefällt Bürgermeister Frank Nerlich, der selber Landwirt gelernt hat, einst für Bündnis 90/Die Grünen ins Stadtparament zog und nun die Geschicke des Ortes leitet. „Mit seinem Spannungsfeld zwischen Technischer Hochschule, Schwermaschinenbau und klimafreundlicher Landwirtschaft gibt Wildau eine gute Anwort auf die wichtige Fragen unserer Zeit“, sagt er. Die Beweidung der Dahmewiesen ist ein Gemeinschaftsprojekt des Ortes, der BADC GmbH und der Burgbüffel GbR. Die BADC – die Berlin Brandenburg Area Development Company – ist eine Gesellschaft, die den ökologischen Ausgleich für Eingriffe in die Natur während des Baus des Flughafens BER und im Umfeld managt. Sie sorgt im Interesse ihrer Gesellschafter – das sind die Landkreise Dahme Spreewald und Teltow Fläming sowie die Städte Königs Wusterhausen, Wildau, Ludwigsfelde, Mittenwalde und die Gemeinden Rangsdorf, Großbeeren, Blankenfelde-Mahlow, Eichwalde, Schulzendorf, Zeuthen, Bestensee und Schönefeld – auf einem von den Kommunen bereitgestellten Flächenpool für Ausgleichsmaßnahmen in den Orten rund um den Flughafen. Das Geld dafür kommt von den Investoren, die Flächen in Anspruch nehmen. „Wir beraten die Landkreise und Gemeinden, aber auch die Investoren in Fragen des Naturschutzes, wir entsiegeln alte Flächen, sorgen für Neubepflanzungen und begleiten und fianzieren weitere Klimaschutzprojekte wie eben die Beweidung der Wildauer Wiesen durch die Büffel“, erklärt BADC-Geschäftsführerin Antje Girschick.

Dass die Büffel nicht nur eine kleine Wildauer Attraktion sind, sondern auch gute, nützliche Arbeit leisten, sieht man gleich hinter dem Marktplatz am Rande der Wiesen. Während auf der einen Seite, auf der die Tiere bereits in den vergangenen Jahren grasten, ein offenes, kurz gehaltenes Grün leuchtet, ist die andere mit hohem, dichten Schilf bewachsen. „Dort kommen weder Licht noch Luft an den Boden und damit verarmen auch Pflanzen- und Insektenwelt“, sagt Silke Joksch von der Stadtverwaltung Wildau, die einst das Projekt mit anregte und seitdem die natürlichen Enwicklungen vor Ort genau mit beobachtet. „Es gibt ein Monitoring“, sagt sie. „Danach haben sich auf den beweideten Flächen wieder mehrere Orchideenarten, Thymian oder auch die Kuckucks-Lichtnelke angesiedelt.“

Die Büffel kommen gut mit dem Feuchtland klar, öffnen mit ihren Hufen den Boden, können das Schilf gut verdauen, lassen aber auch immer wieder mal etwas stehen, so dass insgesamt eine vielfältige Struktur entsteht. Außerdem sorgen sie auch für eine kräftige, natürliche Düngung der Flächen. „Das, was im Boden schlummert, kommt wieder zutage“, erklärt die Biologin Elisa Lüth, die ab diesem Jahr ihr Fachwissen mit einbringt. Sie betreibt eine private Firma zur Naturschutzberatung von Landwirten und hat schon vielfältige Erfahrungen mit Rindern, Schafen, Ziegen und sogar Freiland-Hausschweinen als Weidetiere gemacht. „Die Büffel sind für mich nun auch neu und besonders spannend.“

Nele Vogel ist dagegen mit den Tieren groß geworden. Die junge Frau, die derzeit Öko-Landbau in Eberswalde studiert, führt mit ihrem Vater Jan-Peter Vogel und dem Partner Michael Kurz die Storkower Burgbüffel GbR. Die Herde ist mittlerweile auf 20 Tiere angewachsen. Im Winter befinden sich die Büffel in den Quartieren des Hofes in Görsdorf bei Storkow, von Frühjahr bis in den Herbst sind sie draußen unterwegs. 70 bis 80 Kilo fressen sie pro Tag, 60 bis 100 Liter Wasser werden dabei getrunken. „Wir haben eine Pumptränke vor Ort, mit der wir das Wasser aus den Gräben zwischen den Wiesen nutzen können“, so die Landwirtin. In Wildau dienen mittlerweile acht Hektar kommunales und privates Land als Büffelwiesen. „Wir sind immer auf der Suche nach Flächen, die für eine herkömmliche Bewirtschaftung mit Maschinen nicht geeignet sind“, wirbt Nele Vogel für die natürliche Alternative. In Wildau ist sie für alle Beteiligten längst ein Gewinn. TM

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