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Ein Herzspezialist, dem das Herz schwer wird

Der Kardiologe Dr. Oliver Gunkel kämpft seit gut zwei Jahren
um die kassenärztliche Zulassung für eine Facharztpraxis in KW

Dr. Oliver Gunkel ist enttäuscht. Er muss wider Willen seine fachärztliche Kardiologie-Praxis in der Eichenallee 4 in Königs Wusterhausen vorerst weiter als Privatpraxis führen. Gerade hat er wieder einen ablehnenden Bescheid auf kassenärztliche Zulassung erhalten. „Das ist sehr traurig“, sagt der 55jährige Spezialist. „Ich will nicht mit dem Stempel elitärer Privat-Praxen-Betreiber arbeiten. Ich will für alle Patienten da sein, kann es aber nicht.“

Und das, obwohl es in der mittlerweile rund 40000-Einwohner-Stadt Königs Wusterhausen, deren Bewohnerzahl stetig weiter steigt, nicht eine einzige niedergelassene Fachart-Praxis für Kardiologie gibt, die Kassenpatienten behandelt. Die nächsten befinden sich in Zeuthen und Eichwalde. Deswegen bemüht sich Dr. Oliver Gunkel seit Dezember 2020 um eine kassenärztliche Zulassung. Damals stellte er erstmals einen Antrag bei der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB). Denn er wollte sich beruflich verändern und wusste aus seiner Tätigkeit als Chefarzt der Kardiologie am Klinikum in Frankfurt/Oder, wo er von 2010 bis 2018 tätig war, dass Königs Wusterhausen ein „weißer Fleck“ hinsichtlich niedergelassener Kardiologen ist. „Vielleicht sogar der weißeste in ganz Deutschland“ sagt er. Auf einer Zwischenstation im Jahr 2021, als er in der St. Marienberg Klinik in Helmstedt arbeitete, machte er die Erfahrung, dass eine 25000-Einwohner-Stadt auch fünf bis sechs niedergelassene Kardiologen haben kann.

Ein Dreievierteljahr nach seinem ersten Zulassungsantrag, also im Spätsommer 2021, kam die Ablehnung des zuständigen Ausschusses der KVBB. Die Begründung – in Dahme-Spreewald bestehe im Facharzt-Bereich der inneren Medizin, zu dem die Kardiologie gehört, eine Überversorgung von 116 Prozent. Das Problem – die Zulassungskriterien beziehen sich auf den gesamten Bereich der inneren Medizin und unterscheiden nicht zwischen speziellen Fachrichtungen wie Gastroenterologie, Endokrinologie, Diabetologie oder eben Kardiologie. Dr. Oliver Gunkel legte Widerspruch ein. Vergeblich. Im letzten Sommer entschied er, sich trotzdem in KW niederzlassen – zunächst eben als Privatpraxis. Er setzte dabei auch darauf, dass seine Arbeit vor Ort den dringenden Bedarf unterstreicht. Denn die Erfahrungen, die sowohl die Herz-Patienten als auch er im Alltag machen, konterkarieren die Zahlen von der vermeintlichen Überversorgung auf dramatische Weise. Seine Mitarbeiterinnen müssen viele telefonische Anfragen nach Neuaufnahmen und Terminen absagen. Nicht, weil Dr. Oliver Gunkel keine Kapaziäten hat, sondern weil er Kassenpatienten nur als Selbstzahler behandeln kann. 30 bis 40 Prozent seiner Patienten gehen diesen teuren Weg.

Mit Unterstützung einer Anwaltskanzlei für Medizinrecht ist der Facharzt in Berufung gegangen, um die nach dem Gesetz auch bei Überversorgung ­mögliche Sonderbedarfszulassung doch noch zu erlangen. Die ist nun im Februar dieses Jahres wieder abgelehnt worden. „Ich gebe ehrlich zu, ich kann es nicht verstehen“, sagt Dr. Oliver Gunkel. Aber er möchte, dass seine Partienten und auch die, die sich von ihm nicht behandeln lassen können, die Hintergründe und Zusammenhänge verstehen. Er wird nun in seiner Praxis für ­jedermann nachlesbar den Schriftverkehr öffentlich auslegen. Denn das Wort „Reichenarzt“, das hin und wieder fällt und auch ihm zu Ohren kommt, schmerzt ihn sehr. Er sieht in seiner ungewöhnlichen Aktion auch einen Hilferuf an die Öffentlichkeit. Er hat jedenfalls noch nicht aufgegeben, dass er seine hohe fachliche Qualifikation doch noch als Kassenarzt jedem Patienten zugute kommen lassen kann.

TM

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