Auf dem Campus der TH Wildau wurde ein Erinnungerungsort an Zwangsarbeit und Rüstungsproduktion im 2. Weltkrieg eingeweiht
Ein Erinnerungsort an die Geschichte der Lokomotivproduktion und der damit verbundenen Zwangsarbeit im 2. Weltkrieg wurde am vergangenen Freitag auf dem Campus der Technischen Hochschule Wildau eingeweiht. Anlässlich ihres 30jährigen Bestehens hatte es sich die TH Wildau zur Aufgabe gemacht, dieses Kapitel der Geschichte an ihrem jetzigen Standort professionell aufzuarbeiten und künstlerisch zu gestalten. Die Erinnerungsstätte befindet sich direkt neben der historischen Lokomotive auf dem heutigen Campus.
Von der bewegten Industrie-Geschichte des heutigen TH-Standortes zeugen die sanierten Werkhallen, in denen heute gelehrt, gelernt und geforscht wird, aber auch die Schwartzkopff-Siedlung jenseits der Bahngleise und nicht zuletzt die historische Lokomotive,die punktlich zum Jubiläum saniert werden konnte. Um 1900 herum errichtete die Berliner Maschinenbau AG (vormals Schwartzkopff) in Wildau eine Lokomotivproduktionsstätte von internationaler Bedeutung. Später kam das Elektrounternehmen Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG) hinzu und begann mit dem Bau elektrischer Lokomotiven. Während des Zweiten Weltkrieges setzten beide Unternehmen tausende Zwangsarbeitende aus Tschechien, Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Polen in der Produktion ein.
Für die wissenschaftliche Recherche zu diesem Thema hat die Hochschule einen Historiker beauftragt, der Akten- und Dokumentenbestände in Archiven, Bibliotheken und Sammlungen sichtete. Die gewonnenen Erkenntnisse werden nun in Form des neuen Erinnerungsortes der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Neben der Vermittlung historischer Informationen und dem Gedenken an die Leidtragenden möchte der öffentliche Platz zum Dialog über die Vergangenheit anregen und zugleich zur kritischen Reflexion der Gegenwart ermuntern. Für die künstlerisch-gestalterische Umsetzung des Erinnerungsortes auf dem Campus hatten sich mehrere Ausstellungsgestalterinnen und -gestalter mit ganz unterschiedlichen Konzepten beworben. Gewonnen hat der Entwurf des Berliner Gestaltungsbüros „ramićsoenario Ausstellungsgestaltung“.
Der Gedenkort besteht aus sieben Stelen, an denen sich jeweils eine drehende Scheibe befindet. Auf denen werden verschiedene Aspekte der Zwangsarbeit und Rüstungsproduktion beleuchtet. Es werden Einzelschicksale von Zwangsarbeitern, ihre Arbeit in verschiedenen Produktionsbereichen wie zum Beispiel der Kesselschmiede oder der Alltag in den Barackenlagern beschrieben.
Die Scheiben können von Hand oder durch Wind in Bewegung gesetzt werden. Die Leichtigkeit der Scheiben steht im Kontrast zur Schwere der Lokomotive. Die sieben Stelen sind in loser Anordnung zwischen einer Baumgruppe, dem Kastanienhain, platziert. Die drehenden Scheiben werden durch ein tischähnliches Element „Kompass“ ergänzt. Der „Kompass“ greift die Form der historischen Drehscheibe auf, auf der sich die Lokomotive befindet. Die durch den „Kompass“ verkörperten Himmelsrichtungen verweisen einerseits auf den weltweiten Export der Lokomotiven und zugleich auf die Herkunftsländer der Zwangsarbeiter.
RED / PI TH Wildau