Ein poetischer Ort

Geschichte und große Namen: Zeesen feiert am Wochenende sein 475-Jähriges 

D. Tasonicos

So ein richtig großes und rundes Jubiläum ist es nicht. Aber egal, man muss die Feste feiern wie sie fallen, sagten sich die Zeesener und feiern ihr 475-Jähriges am Wochenende ganz groß. Am Freitag wird es ab 19 Uhr eine feierliche Eröffnung mit Festprogramm in der Grundschule geben. Am Sonnabend ab 12 Uhr zieht der Festumzug durch Zeesen mit anschließender Gedenksteineinweihung auf der Dorfaue am Weidendamm. Am Sonntag wird ein Chortreffen mit 13 Chören aus der Umgebung am Badestrand in Zeesen stattfinden. Ortsvorsteher Frithjof von Rottkay (Wir für KW) lädt alle Dahmeländer dazu ein.

Zeesen ist ein poetischer Ort, schreibt die Schriftstellerin Ditte von Arnim. „Hier wächst Stille neben leuchtend gelber Goldrute. Hohe alte Bäume sind mit dem Wind im Gespräch.“ Das genau Gründungsdatum von Zeesen ist ja nicht bekannt. 1542 wurde er erstmals urkundlich erwähnt: als Czeisen in einem Lehnsbrief für Wilhelm von Landsberg. Der Name kommt aus dem Slawischen und bedeutet „Ort, wo Fische mit Netzen gefangen werden“, was sich auch im Ortswappen widerspiegelt. Zeesen hat Geschichte und große Namen hervorgebracht. Während des Ersten Weltkriegs baute das Unternehmen Schütte-Lanz Luftschiffe in Zeesen. Das Schloss, 1688 als Lustschloss errichtet. Friedrich I. schenkte es seinem Sohn Friedrich Wilhelm I. Später war es Domizil der Berliner Finanz- und Kulturaristokratie. Carl Zuckmayer feierte hier in illustrer Runde seinen ersten großen literarischen Erfolg. Klabund, ein anderer Dichter schrieb sogar eine „Ode an Zeesen” (Siehe Seite 4). In den 1930er Jahren war das Schloss schließlich Sommerresidenz des Schauspielers und Regisseurs Gustaf Gründgens und der Schauspielerin Marianne Hoppe. Das Lustschloss diente nach 1945 vorwiegend als Kinder- und Ferienheim. Nach der Wende wohnten dort Mitglieder der linken autonomen Szene und in einer Wagenburg auf dem Gelände. Dies führte zu häufigen Auseinandersetzungen mit politisch rechts gerichteten Jugendlichen. Seit 1999 steht es leer und verfällt.

Zeesen war von 1929 bis 1945 ein Standort von Kurzwellenrundfunksendern. 

Neben den Kurzwellenrundfunksendern wurde von 1927 bis 1939 in Zeesen auch der „Deutschlandsender II“ betrieben, Die Antenne war an zwei 210 Meter hohen abgespannten Stahlfachwerkmasten aufgehängt, die das Bild Zeesens bestimmten. Der westliche dieser Masten stürzte beim Bau im Jahr 1927 ein. Beim Start des Deutschlandsenders war dieser der stärkste Rundfunksender Europas. Im Jahr 1929 ging hier der Weltrundfunksender auf Sendung. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges übernahm die Rote Armee das Areal der Deutschen Reichspost und nutzte es bis zu ihrem Abzug 1994 als Hospital und Reparaturwerkstatt für Panzer und Lkw.

1992 wurde in Zeesen das erste Gewerbegebiet Brandenburgs eröffnet. Der damaligen Bürgermeisterin Barbara Wolff  gelang es, das allererste Gewerbegebiet in den neuen Bundesländern auszuweisen, zu erschließen und erfolgreich zu vermarkten. Bereits im März öffnete dort mit dem Hagebaumarkt das erste Unternehmen. Weitere folgten. Der Gewerbepark füllte sich rasch, weil Firmen und Investoren hier einen guten Platz hatten. Damals wurden die Voraussetzungen für eine außerordentlich gute wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde geschaffen. Wer damals schnell wie Zeesen war, ist zu was gekommen. Es gab den neuen Kreis noch nicht, das Land auch nicht, aber viele Fördergelder. Als einziger Antragsteller von 34 bekam Zeesen den Zuschlag für eine sogenannte Zonenrandförderung. Zeesen konnte preisgünstig erschließen – und preisgünstig an Investoren verkaufen. Die Investoren standen zuhauf auf der Matte. Die Zeesener waren nicht nur schnell, sondern gingen auch ihren eigenen Weg. Bei der Auswahl potentieller Investoren setzten sie auf klein- und mittelständische Unternehmen. Man bot kleine Flächen mit Zukaufsrechten an, achtete auf einen sinnvollen Branchenmix und die Bezahlbarkeit der Grundstücke. Die Investoren kamen zuhauf. Der Platz reichte nicht. Im Jahr 1999 eröffnete der zweite Gewerbepark. Bis heute haben sich auf 17 Hektar über 40 Unternehmen verschiedenster Branchen niedergelassen. Über 1200 Menschen haben hier inzwischen Arbeit gefunden.

Und Zeesen wächst. Über 5500  Menschen leben hier. Zeesen ist heute nicht nur ein guter Ort zum Leben im Grünen – seit 25 Jahren auch für Gewerbe. Aber der Siedlungscharakter des Ortes soll erhalten bleiben, sagt Frithjof von Rottkay. „Es wird eine natürliche Grenze geben, weil wir nicht wollen, dass jede Grünfläche zugebaut wird.“ Zeesen hat trotzdem viel vor. Eine  neue Grundschule soll neben der jetzigen Schule errichtet wird. Was aber alle Zeesener bewegt: Endlich soll ein Bürgerhaus errichtet werden – in der alten Feuerwache. Vereine, Senioren, die Jugendlichen und der Ortsbeirat finden dort ein Domizil. Geplant war auch die Ansiedlung eines weiteren Supermarktes, einer Drogerie und einer Sparkasse an der B 179 nahe dem Dänischen Bettenlager. Doch das scheitert am aktuellen Einzelhandelskonzept der Stadt.

Die Zeesener  – einschließlich dem Autor – tun sich etwas schwer damit, trotz der Eingemeindung im Jahre 2003 KWer sein zu sollen. „Wir sind Zeesener“, sagen sie stolz und selbstbewusst. Der Ortsvorsteher wünscht sich mehr Freiheiten für rasche Entscheidungen vor Ort. Die finanzielle Ausstattung der Ortsteile durch KW sei mit 2000 Euro zu dürftig. „Andere Städte sind da viel großzügiger“, sagt von Rottkay. Mit einem größeren Budget könne  Ortsbeirat kleinere Baumaßnahmen selbst in die Wege leiten. Außerdem fehlen Spielplätze und ein Bolzplatz. Frithjof von Rottkay. „Wir sind durch die Zuzüge sehr jung geworden, deshalb brauchen wir eine passende Infrastruktur.“

UR/F:UR;

Archiv Interessenverein

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