Ein Rucksack der ganz leichten Art

Die Wildauer Wanderidee, das Land per pedes und auf dem Wasser zu erkunden, 
erhält den Brandenburger Tourismuspreis / Firma Hikanoe trotzt Corona-Rückschlägen

Ohne das geniale und doch so einfache Prinzip des „Luftsacks“ wäre der diesjährige Tourismuspreis des Landes Brandenburg wohl nicht nach Wildau gegangen. Dieser kleine, an beiden Enden offene Stoffschlauch ist für das jetzt ausgezeichnete Rucksackboot der Wildauer Firma Hikanoe das, was die Luftpumpe fürs Fahrrad oder der Blasebalg für das Luftbett ist. Mit ihm werden die ultraleichten, aber doch robusten und gut manövrierfähigen Kanus, die ein Wandersmann zusammengefaltet bequem schultern kann, aufgeblasen. Dafür wird das eine Ende über die Öffnung des Bootes gestülpt und fest verzurrt, um dann über das anderere Ende die Luft einzufangen und mit den Händen ins Boot zu drücken. „Zugegeben, man braucht ein, zwei Versuche, bis die Handgriffe richtig sitzen“, sagt Firmenchef Norman Siehl. „Aber dann ist es ein Kinderspiel. Der Aufblas-Rekord liegt inzwischen bei zweieinhalb Minuten.“

Das neue Freizeitangebot aus Wildau hat in den letzten beiden Jahren schon für einige Aufmerksamkeit gesorgt und eine wachsende Fangemeinde im Berlin-Brandenburger Raum gefunden – auch der KaWe-Kurier berichtete bereits. Norman Siehl, der sich auch als Wanderwegewart in der Region engagiert, ist gern und viel auf Schusters Rappen unterwegs. Und da er bei Streifzügen durchs geliebte Dahmeland sozusagen stets und ständig dem Wasser begegnet, kam ihm mit seinem Freund und Geschäftspartner Frank Kagerer die Idee, mit leicht handhabbaren Spezialkanus im Gepäck sowohl zu Lande und auf dem Wasser auf Wanderschaft zu gehen. Sie ließen sich in Russland und in China einige Mustermodelle aus Spezialstoffen herstellen, um sie zunächst erstmal selbst zu testen.

Seit 2018 boten sie schließlich Touren für Gruppen jeglicher Art auf Dahme und Spree an, bis in diesem Frühjahr die Corona-Pandemie ihr aufstrebendes Start-up-Unternehmen jäh auszubremsen drohte. Die beiden Männer haderten nicht lange. Sie sagten sich – wenn die Leute nicht zu uns und den Booten kommen können, dann bringen wir halt die Boote zu ihnen. Sie entwickelten binnen kurzer Zeit einen Verleihservice für ganz Deutschland. Das überzeugte die Jury des Tourismuspreises, die in diesem Jahr gerade auch Ideen würdigen wollte, mit denen die Protagonisten trotz aller Rückschläge auf ein „jetzt erst recht“ setzen. „Ich staune und bin auch stolz darauf, wo unsere Boote in diesem Jahr überall unterwegs waren“, sagt Norman Siehl. „Auf der Donau und der Weser, auf der Isar und dem Lech, auf der Saale und dem Regen, auf dem Stettiner Haff und in den Masuren. Und natürlich hier im Umland auf Spree, Havel oder Löcknitz. Die Ecke zwischen Erkner und Grünheide ist wirklich sehr reizvoll, die wir gern empfehlen.“ So gehören zum Vermiet-Paket übrigens immer auch Tourenvorschläge, die die beiden Outdoor-Spezialisten entweder aus eigenem Erleben oder aus den Berichten ihrer Kunden zusammen stellen. „Wir haben eine Plattform eingerichtet, auf der die Leute ihre Erfahrungen und Empfehlungen mitteilen können“, so Norman Siehl. „So hat sich das Unternehmen in diesem Jahr tatsächlich in eine etwas andere Richtung entwickelt, als ursprünglich gedacht war. Aber wir werden das auf alle Fälle beibehalten.“ Inzwischen wurden auch schon mit Campingplätzen oder Anbietern von Ferienunterkünften Mietverträge abgeschlossen. „Die liegen zum Teil nicht mal am Wasser, weil ihre Gäste die Boote ja leicht dahin tragen können“, berichtet Norman Siehl.

Derzeit verfügt die kleine Zwei-Mann-Firma über eine Flotte von rund 50 Ein- und Zweisitzer-Kanus, die zumeist für ein Wochenende oder auch eine ganze Ferienwoche vermietet werden. Die Boote werden per Versand bis an die Haustür geliefert. Der Preis für ein Wochenende liegt – je nachdem, welches Zubehör bestellt wird – zwischen 59 und 79 Euro plus Versand. Wer im Umfeld wohnt, kann aber auch direkt vor Ort in der Maxim-Gorki-Straße 6 in Wildau vorbei kommen. „Wir schicken die Pakete so raus, dass sie spätestens am Freitag da sind, am Montag müssen sie zurück gesandt werden“, erklärt Norman Siehl. „Wir werden diesen Verleih ganz bestimmt weiter ausbauen“, sagt er, „aber wenn Corona endlich vorbei ist, dann will ich auch wieder mit Gruppen hier in unserer schönen Region unterwegs sein. Das Gemeinschaftserlebnis sowie ein Süppchen und ein Schwatz am Feuer zum Abschluss des Ausflugs, das fehlt schon.“ TM