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Ein Stoppschild für den Investor und seine unvorhersehbaren Folgen

Wildauer SPD und CDU wollen Dahme-Nordufer-Projekt der Bauwert AG beenden / Warum und mit welchen möglichen Konsequenzen?

Wenn es nach dem Willen der SPD- und CDU-Fraktionen geht, soll die nächste Stadtverordnetenversammlung (SVV) in Wildau am 29. November beschließen, dass die Bebauung des Dahme-Nordufers und damit das seit vielen Jahren gemeinsam mit der WiWO entwickelte Projekt der Berliner Bauwert AG, hier 465 Wohnungen, Dienstleistungseinrichtungen und Gewerbeeinheiten zu errichten, endgültig gestoppt wird. Dies geht aus zwei Beschlussvorlagen der beiden Fraktionen, die in der SVV die Mehrheit haben, hervor. Die Entwürfe wurden erstmals im Stadtentwicklungsausschuss in der vergangenen Woche vorgestellt.

Beide Beschlussvorlagen zielen darauf ab, die Einwohnerzahl Wildaus in Zukunft auf maximal 14.000 zu begrenzen. Begründet wird das mit den Ergebnissen einer aktuellen Infrastruktur-Studie, die aussagt, dass Wildau „ungezügelten Zuwachs an neuen Bauprojekten“ nicht vertragen könne. Das beträfe laut Studie vor allem Kita- und Grundschulplätze. Eigenartig ist, dass eine erst im August 2021 vorgelegte Infrastruktur-Studie des Büros Mayerwittich noch zu völlig anderen Ergebnissen kam. Auch diese Studie war von der Stadt in Auftrag gegeben worden. Außerdem kann seit dem ebenfalls von den SPD- und CDU-Fraktionen eingebrachten und im Dezember 2020 von der SVV beschlossenen Baumoratoriums von einem „ungezügelten Zuwachs an neuen Bauprojekten“ in Wildau kaum die Rede sein!

Dieses Baumoratorium soll nun aber – nach dem Willen der beiden Fraktionen – aufgehoben werden. Die zukünftigen Baumaßnahmen sollen sich allerdings statt auf das Dahme-Nordufer auf die Areale „Am Stichkanal“, „Meyer Beck“ und „Birkenallee“ beschränken. Zu diesen drei potentiellen Baugebieten ist allerdings anzumerken, dass hier für verschiedene Grundstücke teilweise bereits seit Jahrzehnten Baurecht besteht, aber bisher keine Bebauung erfolgt ist. Bei den jetzigen Bedingungen auf dem Bausektor mit hohen Baupreisen, knappen Material und steigenden Zinsen dürfte eine Bebauung dieser Areale auch in näherer Zukunft eher unwahrscheinlich sein.

Geradezu abenteuerlich ist eine weitere Begründung für die vorgesehenen Beschlüsse der SVV. Da heißt es, dass sich die Mehrheit der Wildauer, die sich bei der Einwohnerversammlung am 5. Juli zu Wort gemeldet hätten, gegen das Projekt „Dahme-­Nordufer“ ausgesprochen habe. Zudem wird auf eine Umfrage auf der Plattform „Maerker Plus“ verwiesen, die diesen Bürgerwillen ebenfalls bestätigt habe. Bei dieser Plattform können anonym Meinungen kundgetan werden, bei denen nicht nachprüfbar ist, ob die betreffenden Personen überhaupt aus Wildau stammen, oder ob die gleiche Person unter verschiedenen Namen mehrfach auftritt.

Dagegen wird völlig negiert, dass nur wenige Wochen vor der Einwohnerversammlung eine neutrale Umfrage des renommierten FORSA-Instituts zu dem Ergebnis gekommen war, dass eine Mehrheit von über 60 Prozent der Wildauer eine Bebauung des Dahme-Nordufers befürwortet. „Maerker Plus“ mit dem FORSA-Institut zu vergleichen ist in diesem Zusammenhang geradezu ein Witz!

Was wären die ­möglichen Konsequenzen für ­Wildau und WiWO?

Im Gespräch mir dem KaWe-Kurier warnt der Vorstand und Gründer der Bauwert AG die Wildauer Stadtverordneten vor den Konsequenzen einer solchen Beschlusses. „Natürlich werden wir Schadenersatzklage einreichen“, so der Bauwert-Vorstand, Dr. Jürgen Leibfried. Der Schaden beliefe sich auf rund 4 Millionen Euro für die durch die Bauwert AG vertragsgemäß erbrachten Leistungen zur Vorbereitung des Projekts Dahme-Nordufer wie Planungsleistungen und diverse Gutachten zur Kontaminierung und Sanierung des Areals. Zu bezahlen wäre der Schadensersatz dann durch den Vertragspartner der Bauwert AG, die städtische ­Wohnungsbaugesellschaft WiWO.

Zudem müsste die WiWO als Eigentümerin des Grundstücks Dahme-Nordufer dann selbst für die Altlasten-Beseitigung sorgen. Die Kosten dafür belaufen sich laut einem Gutachten auf rund 22 Millionen Euro. Wobei man dann zwar ein von Altlasten freies, aber noch kein voll erschlossenes Baugrundstück hätte. Die ­Notwendigkeit der Sanierung des Areals wurde auch vom Leiter des Umweltamts des Landkreises bestätigt. In einer öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Umwelt und kommunale Ordnung Wildau am 23. August sagte er unter anderem, dass der Zwang zur Sanierung durch eine Anordnung kommen und selbige schon bald erfolgen könnte. Auf Anfrage des KaWe-Kuriers wurde diese Aussage noch einmal bestätigt: „Wie bereits in der Vergangenheit kommuniziert, wird das Umweltamt mit dem bodenschutzrechtlich Pflichtigen Gespräche führen. Eine neue Sanierungsplanung und Sanierung unter geänderten Rahmenbedingungen wird erhebliche Zeit in Anspruch nehmen. Diesen Prozess gilt es dementsprechend ständig fortzuführen. Von einem Aufschub, Liegenlassen o. ä. kann daher keine Rede sein.“

Fakt ist, dass wenn die Beschlussvorlagen der SPD- und CDU-Fraktionen tatsächlich am 29. November eine Mehrheit finden, ein nennenswerter Wohnungsneubau in Wildau nicht erfolgen wird. Was das für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt bedeuten würde, dazu äußerte sich der Präsident der IHK Cottbus, Jens Warnken, gegenüber dem KaWe-Kurier wie folgt: „Wachstum lässt sich nicht aufhalten, muss aber gemanagt werden. Die Bebauung des Dahme-Nordufers in Wildau ist ein wichtiges Projekt, um den Wirtschaftsstandort langfristig zu stärken und zu vermarkten. In der Stadt braucht es Wohnungen für die dringend benötigten Fachkräfte in der Region. Eine nachhaltige Ansiedlungspolitik muss die nötige Infrastruktur mitdenken. Dazu gehören neben bezahlbarem Wohnraum auch eine gute Verkehrsanbindung, Kinderbetreuungseinrichtungen und Nahversorgung – Konzepte aus einem Guss. Verlässlichkeit und Planbarkeit sind dabei wesentliche Eckpfeiler bei der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und ­Kommune.“

Wildaus neuer Bürgermeister Frank Nerlich hält den Antrag und einen etwaigen Beschluss der Stadtverordneten für unpraktisch. Gegenüber dem KaWe-Kurier betont er, dass er bereits im Stadtentwicklungsausschuss darauf verwiesen habe, die Stadt hätte seinerzeit im Jahre 2015 den ersten Schritt in Richtung des Investors Bauwert AG gemacht. Die Zeiten hätten sich zwar seitdem geändert, trotzdem wäre es besser, im Gespräch zu bleiben, statt einfach ein Stoppschild aufzustellen. „Die Art und Weise des Umgangs ist nicht in Ordnung.“ Wildaus Bürgermeister betont, dass er das Projekt des Dahme-Nordufers auch im Wahlkampf als nicht prioritär für den Ort bezeichnet habe. „Wir haben wichtigere Aufgaben.“ Welche weiteren Folgen auf die Stadt zukommen, könne er im Moment nicht abschätzen. Dass es am Ende Belastungen von 13 bis 26 Millionen Euro für die WiWO und damit die Stadt sein könnten, sei zwar nicht zu belegen, aber auch nicht ­unmöglich.

VE / TM

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