In der Region sind wieder fein herausgeputzte Jugendliche mit ihren Angehörigen unterwegs – die Jugendweihe ist zurecht nicht unterzukriegen
Nun gehören sie wieder zu den allwöchentlichen Frühlingssonnabenden – in Schale geworfene Jugendliche, die im Kreis nicht minder herausgeputzter Geschwister, Eltern und Großeltern, Tanten und Onkel und wer auch sonst noch so zur Sippe gehören mag in den schönsten Ausflugslokalen der Region fein tafeln und feiern. Strahlende Familiengesellschaften unter strahlender Maien- und Junisonne, das ist auch für die Beobachter ein lieb gewordenes Bild, erinnert es doch die meisten an den ganz besonderen Tag, der für das eigene selbständig Werden und zugleich die großen Veränderungen im Familienbund steht: Die Jugendweihe.
Mochte sie auch zu DDR-Zeiten den Beigeschmack eines politisierten Rituals haben, als Nicht-mehr-Kinder und Noch-nicht-Erwachsene haben die Teenager zu allen Zeiten diesen Tag zu ihrem ganz persönlichen Moment des Rückblicks und vor allem des Blicks nach vorn gemacht. Und für die Familie war und ist es wohl der emotionale, mit mancher Träne verbundene Moment, an dem das nimmer endende Wechselspiel zwischen Geborgenheit geben und Loslassen können zum ersten Mal so richtig ins Bewusstsein rückt.
Das ist wohl der eigentliche Grund, warum die Jugendweihe – oder die Jugendfeier, wie sie heute zuweilen auch genannt wird – „unsterblich“ wurde. „Sie gehört einfach dazu“, sagt denn auch Oxana Wilbrand aus Wildau, deren Sohn Willi am ersten Juni-Wochenende bei der feierlichen Zeremonie in der Mehrzweckhalle von Zeuthen in den Kreis der Erwachsenen tritt. Der Anzug und die Krawatte liegen längst bereit, die Gäste sind eingeladen, nach der Weihe mit Freunden aus der Klasse und gleichaltrigen aus anderen Schulen und Orten wird es ein großes Familienfest im Garten in Wildau geben. „Ich bin wahrscheinlich noch viel aufgeregter als der Junge“ sagt Mutter Oxana. Gemeinsam mit dem Papa hat sie sich für den Tag noch etwas Besonderes einfallen lassen. „Er soll schön und unvergesslich werden für unseren Willi“, sagt sie und fügt zugleich hinzu. „Ach, es wird bestimmt auch ein bisschen schmerzhaft, es beginnt ja etwas Neues, das muss man feiern, aber wir dürfen auch ein wenig wehmütig sein, wenn das Kind flügge wird.“
Die Zeuthener Jugendfeier wird vom Humanistischen Regionalverband Ostbrandenburg veranstaltet. Er ist einer der Träger und Vereine, die mit ihren Angeboten dafür sorgen, dass die Tradition der Jugendweihe in der Region fort besteht. „Jugendweihe-Hochburg“ im Landkreis ist das A10 Center in Wildau, wo der Verein Jugendweihe Berlin/Brandenburg e.V. von Ende April bis Anfang Juli zu zahlreichen Feierstunden mit einem vielfältigen Programm und verschiedenen Gastrednern einlädt. Am vergangenen Sonnabend hielt zum Beispiel Königs Wusterhausens Bürgermeisterin Michaela Wiezorek die Festrede vor 110 Jugendlichen und ihren Familien. „Machen wir uns bewusst, wie wunderbar es ist, den Übergang in einen neuen Lebensabschnitt gemeinsam feiern zu können“, sagte sie unter anderem. „Besonders wenn man bedenkt, dass die Jugendlichen in den vergangenen zwei Jahren schnell erwachsen wurden, weil die Pandemie sie gnadenlos vor harte Entscheidungen gestellt hat.“
In festlicher Atmosphäre erleben im A10 Center in diesem Jahr 645 angehende Erwachsene mit ihren rund 5550 Gästen ihren großen Tag. Sie kommen aus Königs Wusterhausen, Wildau, Eichwalde, Zeuthen, Schönefeld sowie über die Kreisgrenze hinaus aus Zossen, Rangsdorf, Wünsdorf, Neu Zittau und auch aus Berlin. „Zum Teil sind es ganze Klassen oder Klassenteile, aber auch gemeinsame Freunde oder ganz individuell die einzelne Familie, die sich anmelden“, erklärt Geschäftsführer Felix Fischeder.
Bei der Programmgestaltung achtet der Verein darauf, der generellen Stimmung der Mädchen und Jungen und ihrer Familien zwischen Innehalten, Aufbruch und Feierlust gerecht zu werden. Besonders emotional geht es zu, wenn die Bilder der Jugendlichen vom Heranwachsen auf einer großen Leinwand ablaufen und dazu feierlich die Urkunden zur Aufnahme in den Erwachsenenkreis übergeben werden. Nachdenklich wird es, wenn auf der Bühne in Musik und Wort auch die künftige Verantwortung für das Leben und den Zustand der Welt thematisiert wird. Und natürlich kommt auch die Party nicht zu kurz, wenn Künstler, Jugendliche und das ganze Publikum im Saal gemeinsam singen und schwingen. Spätestens dann sind sich alle einig – lasst uns den Tag genießen, lasst uns die Jugend, das, war war, und das, was kommt, feiern.
TM