Der BER ist offen – ein „Ende gut, alles gut“ ist dies aber nicht
„Stell dir vor, der neue Flughafen von Berlin ist auf, nur es fliegt halt kaum ….“ Nein, Schluss mit den Flughafensprüchen. Der Flughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt befindet sich seit letzten Sonntag im Regelbetrieb. Maschinen starten und landen, S- und Regionalbahnen fahren fahrplanmäßig in den Bahnhof ein, Busse von RVS und BVG halten direkt vor dem Terminal. Das sind die Nachrichten vom letzten Wochenende, die man nun auch mal mit allem Respekt so stehen lassen kann. Dass die Eröffnung in die Corona-Zeit und damit in die größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg fällt, dass damit weitgehend noch gähnende Leere in der repräsentativen Eingangshalle und dem 700 Meter langen Terminal herrscht, dafür kann niemand etwas.
Immer wieder wurde bei der Eröffnung am vergangenen Sonnabend betont, dass der BER-Start gerade in dieser Zeit trotz der vielen Peinlichkeiten der Vergangenheit auch etwas Ermutigendes hat. Der moderne Flughafen könnte als Tor des Ostens und zum Osten einer jener Motoren sein, die den Karren nach dem Ende der Pandemie wieder anschieben. Die Voraussetzungen dafür haben der Mega-Bau und sein gesamtes Umfeld, die nicht nur Platz und Komfort für den künftigen Berliner und Brandenburger Flugverkehr bieten, sondern auch große wirtschaftliche Entwicklungspotentiale bereithalten. Trotz der vielen Hiobsbotschaften der letzen Jahre haben sich gerade in der Gemeinde Schönefeld schon rasante Veränderungen vollzogen, die nur erahnen lassen, welche gewaltigen Umbrüche da in nächster Zeit noch folgen werden.
Das freilich heißt auch, dass mit einem Großflughafen in Betrieb und seiner Sogwirkung auf das Umland viele neue Herausforderungen zwischen Himmel und Erde anstehen. Zu den Nachrichten des letzten Wochenendes gehört auch der die Eröffnung begleitende Protest von Klimaschützern und Anwohnern. Eine Standortdebatte zu wiederholen, bringt natürlich jetzt nichts mehr. Aber darüber zu diskutieren, ob man nicht auf innerdeutsche Städteverbindungen verzichten kann und wie klimaneutrales Fliegen überhaupt möglich ist, das ist schon ein Gebot der Stunde. Und es ist auch noch viel Arbeit nötig, damit das Umfeld auch gut mit diesem Flughafen leben kann. Auch wenn er mit dem unterirdischen Bahnhof eine ausgezeichnete Schienenanbindung hat, so zeigen die zunehmenden Verkehrsprobleme in Schönefeld, aber auch in Königs Wusterhausen und den anderen Umlandgemeinden, dass der öffentliche Nahverkehr noch großen Nachholebedarf hat. Die Forderungen zur Verlängerung der U 7 oder zum erheblichen Ausbau des Radverkehrsnetzes für die Beschäftigten vor Ort, nach großzügigeren Lösungen für den Schallschutz, nach einem fairen Miteinander von „großer“ Politik und „kleinen“ Kommunen gilt es genauso ernst zu nehmen und zu berücksichtigen wie die aktuellen und zukünftigen Bedürfnisse des unmittelbaren Flugverkehrs.
T. Müller