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Haben wir Meinungsfreiheit?

Früher hatten wir als Journalisten eine Schere im Kopf, heute eine im Portemonnaie. Ich habe es neben viel Zustimmung mehr und mehr erlebt, wie Parteien oder Anzeigengeber wegen kritischen Meinung im Angemarkt auch meinten, das kann Konsequenzen bei den Werbeverträgen im KaWeKurier haben. Wie bei meiner Meinung zu den unsäglichen (Baer)Bock-Sprüngen der Grünen mit ihrem militanten Klimaschutz. Was noch schreiben? Gefälligkeitsjournalismus? Bleibt nur, auf unpolitische Themen außerhalb von hier auszuweichen. Aber das gefällt auch nicht allen. Nur banale Witze machen? Witze, die irgend einen Hauch von Anzüglichkeit haben – geht heute auch nicht mehr. Zum Beispiel Puffreis sagen. Oder muss man stattdessen sagen: Mit Schoko­lade überzogene Reishäppchen mit sexuellem Hintergrund? Dann kommen aber sofort die Nörgler, das hat mit uns nichts zu tun. Hatte die Krönung von König Charles etwas mit uns zu tun? Ich denke schon. Wir sind doch alle ein bisschen König! Denn jeder mit europäischer Abstammung ist ein direkter Nachkomme von Charles – zwar nicht von diesem jetzt gekröntem Haupt aus dem Hause Windsor. Sondern von dem Charles, Karl dem Großen. Sagen jedenfalls die Genetiker. Die Stammbäume der Menschen seien viel stärker miteinander verwachsen als man sich gemeinhin vorstellt. Jedes Individuum hat viele Vorfahren. Mathematischen Modellen zufolge gab es einen Fixpunkt, an dem die Stammbäume zweier scheinbar wenig verwandter Menschen auf der Erde auf dieselbe Gruppe von Menschen zurückzuführen sind. Der Fixpunkt war vor etwa 1000 Jahren. In der 33. Generation nach dem Großen Karl wären es acht Milliarden Menschen. Wer an diesem genetischen Fixpunkt gelebt hat, ist entweder der Vorfahre aller heute lebenden Menschen – oder von niemandem. Karl der Große hat nachweislich noch lebende Nachkommen. Also entstammt jeder europäische Mensch aus einer direkten Linie von ihm. Ergo: Wir sind alle Charles und Royals. Die sich so schimpfen und auch die Plebse. Achten Sie mal darauf, wieviele Menschen Segelohren haben. Und am Donnerstag zum Herrentag haben auch viele einen in der Krone.

Dass wir alle mit Charles irgendwie verwandt sind, heißt für mich aber nicht, dass wir Deutschen königsfürchtig und verzückt vor ihm auf die Knie fallen müssen, wenn er ein Ökodorf im Oderbruch besucht und dort einen Käse knetet oder im Bundestag auftritt, wo er gar nichts zu suchen hat. Auch wenn er buchstäblich mit dem Goldenen Löffel im Mund geboren wurde. Meine Mutter sagte immer, auch solche Leute müssen auf dem Klo die Knie krumm machen.

Auch wenn ich ein glaubensfreier Mensch bin, ich habe einen Glauben: Ich glaube, ich nehme mir jetzt eine Auszeit vom wöchentlichen Angemarkt. Mit neuen Ideen ist es wie mit den Äpfeln am Baum der Erkenntnis: Sie müssen erstmal reifen. Aber ich will auch gar nicht mehr jeden pflücken. Und überhaupt.

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