„Die Märkischen Schönen im Kurier sind ja weg!“, darauf wurde ich in letzter Zeit schon öfter angesprochen. Nein, sie sind nicht weg! Sie sind nur woanders: An den Stränden der märkischen Seen. Hier wird vielerorts gebadet, wie der liebe Gott seine Kinder schuf und wie sich die Märkischen Schönen schon zeigten: mit nichts an.
So zu baden hat ja seinen Ursprung hier im Dahmeland. Vor über 100 Jahren flüchteten Berliner aus der Enge der Berliner Mietskasernen und fanden südlich von KW neue Lebensformen. Am Motzener See begann 1919 das organisierte Nacktbaden. Motzen – die nasse Wiege der Nacktbader. Ein sexistisches Wortspiel sei erlaubt: Motzen kommt vom slawischen Wort Mocina, was wohl Feuchtgebiet bedeutet… Fortan wurde im Dahmeland nackt gebadet. Oder auch nicht. Jeder nach seiner Fasson. So wie es schon Friedrich der Große empfahl. Wie wir es auch zu DDR-Zeiten gehalten haben. Westliche Vorstellung von unseren textilbefreiten Sommern und Urlauben waren aber die von Repressionen, Unterdrückung und staatlichen Zwang: Wir wurden an den Strand getrieben, mussten unsere Kleider ausziehen, auch die roten Socken. Lediglich das Pionierhalstuch durften wir umbehalten. Dann sangen wir Arbeiterlieder wie „Immer lebe die Sonne“. Wir taten zugleich was für den Frieden, denn Nacktheit ist entwaffnend. Aber wir hatten ja was an: Wir trugen unsere Haut Couture. Wie wir badeten, das interessierte niemand. Wir hatten eine lässige Einstellung dazu. Und keinen pornografischen Blick wie im Westen. Bei uns und bei den Märkischen Schönen hatte Nacktheit nichts mit Sexualität zu tun. Heute gibt es zunehmend Verklemmung und Einschränkungen für die Nackten an unseren Stränden. Ihnen geht es wie bedrohten Vogelarten, deren Lebensraum immer kleiner wird. Der freie Umgang mit naturalistischer Kultur, mit dem Ausbruch aus gesellschaftlichen Zwängen, ist nach der Wende Großteils verloren gegangen. Wie die Märkischen Schönen.
Und überhaupt.