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Freitag, März 29, 2024
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Himmlischer Vater

Das darf doch alles nicht wahr sein! Nun auch sie. Jetzt treffen die Folgen von Corona auch noch unsere Bundestagsabgeordneten:Innen! Zum ersten Mal in der Geschichte des Bundestages sinken deren Diäten! Die Abgeordneten bekommen in Folge der Corona-Krise ab Juli weniger Geld. Und zwar haben sie an monatlicher steuerpflichtige Abgeordnetenentschädigung 70,58 Euro weniger auf dem Konto. 10.012,89 Euro im Monat bekommen unsere Volksvertreter dann! Nur noch 10.012,89 Euro – wofür eine alte Frau aber immer noch lange stricken muss. Jana Schimke, unsere hiesige CDU-Bundestagsabgeordnete, die im Herbst zum dritten Mal in den Bundestag einziehen will, hat das kommen sehen. Doch wenn schon kürzer treten – dann aber alle! Zwar möchte sie für die Bürger eine Rente, die gerecht ist und das widerspiegelt, was man eingezahlt hat – gerne auch mit weniger Steuern und Abgaben im Alter! Aber: „Dann muss es an anderer Stelle Einschnitte geben.“ Dachte ich es mir doch: Einschnitte – ja und unsere Jana weiß auch schon wo und bei wem. Sie mokiert sich über zusätzliche soziale Leistungen des Staates, wie die Rente mit 63 oder die Grundrente, „auf die jeder Anspruch erwirbt, die aber nicht durch Rentenbeiträge finanziert“ sind. Um Missverständnissen vorzubeugen: Sie meint damit nicht Leistungen wie die Pension der Bundestagsabgeordneten:Innen und ihrer eigenen. Obwohl die alle keinen einzigen Cent in die gesetz­liche Rentenversicherung einzahlen, so ist ihre Altersversorgung üppig. Schon für vier Jahre im Bundestag sitzen erhalten sie eine monatliche Pension, die sich nach jeder Wiederwahl kräftig erhöht, von rund 1.000 Euro. Fast so viel wie ein Rentner im Durchschnitt für seine Lebens-Arbeitsleistung erhält. Seit 1977 ist die Abgeordnetenentschädigung zwar steuerpflichtig, bleibt aber von Rentenbeiträgen befreit. Abgeordnete müssen ihre Pension versteuern, trotzdem können Normalbürger von so einer opulenten Altersversorgung nur träumen. Bundestagsabgeordnete bekommen außerdem pro Monat fast 10 000 Euro zu versteuernde Diäten. 2014 haben die Abgeordneten beschlossen, dass sich ihre Diäten automatisch – bis auf diesmal – erhöhen. Waren ja auch nervig, diese ewigen Debatten in der Öffentlichkeit darüber, wie Abgeordnete sich die Taschen füllen. Dazu kommt noch eine Aufwandsentschädigung von gut 4300 Euro. Steuerfrei. Abgeordnete fahren auch umsonst Bahn – und nicht nur, wenn sie fürs Vaterland unterwegs sind, sondern auch privat. Auch so ein Unding: Normal-Rentner ist nicht gleich Normal-Rentner. In den neuen Bundesländern werden ihnen nicht alle erworbenen Ansprüche anerkannt. Geschiedene Frauen, Bergleute der Braunkohleveredlung, Reichsbahnangestellte, Beschäftigte im DDR-Gesundheitswesen oder der Volkspolizei sind heute als vorgeblich „Systemnahe“ von Streichungen und Kürzungen betroffen. Ein Reichsbahn-Lokomotivführer aus der einstigen DDR bekommt ganz erheblich weniger Rente als ein ehemaliger Lokomotivführer der Bundesbahn an Pension. Gelesen habe ich auf Janas Facebookseite nichts, ob sie sich für die Anerkennung der Lebensleistung der Menschen aus der Ex-DDR und die dort erworbenen Ansprüche einsetzt. Irgendwo muss es ja „einschnitte geben“. Politiker diskutieren auch darüber, die Menschen bis 70 arbeiten zu lassen – sie selbst können unter bestimmten Umständen schon mit 56 in Pension gehen. Und zwar bei vollen Bezügen. „Nirgendwo sonst gönnen sich die Politiker derart generöse Privilegien wie bei der eigenen Altersversorgung”, findet nicht nur der Steuerzahlerbund. Gegen wen richtet sich die Kritik der Frau Abgeordneten Jana Sch. an der ihrer Meinung nach zu hohen Rente also: Gegen sich und Ihresgleichen im Hohen Hause? Einschnitte ja – aber nur beim gemeinen Volk. Dabei haben Abgeordnete wie sie längst vergessen und verschweigen fein still, wer sie bezahlt. Wir! Mit unseren Steuern. Sie erinnern mich an ein Zitat aus der Bibel. In der Bergpredigt steht „Sehet die Vögel unter dem Himmel: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.“ So geht’s auch den Abgeordneten unter dem Bundestagsdach. Ernährt werden sie nicht von Fata Morgana, nicht von Väterchen Frost, auch nicht von Vader Abraham von den Schlümpfen, auch nicht vom Vater, der er ist im Himmel. Sie alle werden ernährt vom Vater Staat, dem himmlischen. Jetzt zwar jetzt mal mit ein paar Eurochen weniger, aber trotzdem himmlisch. Und überhaupt.

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