Es scheint noch einiges Wasser die Dahme hinab zu fließen, bis die Zukunft des Wasserturms von Niederlehme geklärt ist
Der Wasserturm von Niederlehme steht zwar etwas abseits vom geschäftigen Königs Wusterhausener Zentrum rund um Bahnhof und Schloss. Und doch ist er gerade aufgrund seiner Lage direkt an der Autobahn eine Art Aushängeschild der Stadt. Ein Aufstieg lohnt sich auf alle Fälle, kann man doch vom 1902 errichteten Bau bei schönem Wetter auf der einen Seite bis zum Berliner Fernsehturm und auf der anderen Seite über den Hafen und die grüne Umgebung von Niederlehme und Königs Wusterhausen blicken. Zusammen mit dem Sendemast auf dem Funkerberg schickt der Turm durchaus seine Signale an die unten vorbeisausende Welt, den Ort bei aller Eile und Hast nicht einfach links liegen zu lassen.
Besser gesagt – er könnte sie schicken. Die Versuche, sein Schattendasein zu beenden, ihm Licht und Leben zurück zu geben, sind bislang gescheitert. Nun hatte die Stadtverwaltung – einem Wahlversprechen des Bürgermeisters Swen Ennullat folgend – einen neuen Anlauf gestartet. Ursprünglich war geplant, auf der letzten Stadtverordnetenversammlung einen Antrag zum Erwerb des Turmes von einem privaten Besitzer einzubringen. In der Haushaltssatzung 2019 waren dafür 70000 Euro vorgesehen. Doch da es zuvor schon im Hauptausschuss und auch in der aktuellen Haushaltsdebatte einiges Für und Wider vor allem hinsichtlich der Folgekosten gab, wurde die veranschlagte Summe nun mit einem Sperrvermerk versehen. Der soll dann wieder aufgehoben werden, wenn ein Nutzungskonzept vorliegt und Klarheit über die weiteren benötigten Gelder herrscht.
Auf die Frage, ob damit der Kauf des Turmes grundsätzlich wieder in Frage gestellt ist, war bis zum Montag keine klare Antwort aus der Stadtverwaltung zu erhalten. „Die Verwaltung hatte auch einen Sperrvermerk vorgeschlagen“, heißt es aus dem Fachbereich Stadtentwicklung und Gebäudemanagement, „da der Vorbesitzer, der der Stadt den Wasserturm zum Kauf angeboten hat, im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens keine Baugenehmigung für seine Zwecke erhielt.“ Der jetzige Besitzer wollte mit seiner Familie im Turm wohnen. Für die Dachsanierung, den Lärm- und Brandschutz hatte er tragfähige Konzepte. Auch die Denkmalpflege hatte seinerzeit ihr grundsätzliches Ok gegeben. Allerdings hatte der Landesbetriebes Straßenwesen, der im Zusammenhang mit der Bebauung an Trassen der Bundesautobahn mitzureden hat und von der Bauaufsichtsbehörde zu beteiligen ist, eine entsprechende Sondererlaubnis für die Nutzung des Turms zu Wohnzwecken abgelehnt. „Ein Ankauf kommt also nur in Frage, wenn eine andere Nutzung, zum Beispiel im öffentlichen Interesse, baugenehmigungsfähig wäre“, sagt Fachbereichsleiter René Klaus gegenüber dem KaWe-Kurier. Aus diesem Grund seien Abstimmungen zwischen dem Fachbereich Stadtentwicklung/Gebäudemanagement der Stadt und dem Landesbetrieb Straßenwesen auf der Grundlage des eingereichten Konzeptes erforderlich. „Sollte es von Seiten des Landesbetriebs hierfür keine Zustimmung geben, kommt ein Ankauf des Turms nicht in Betracht.“
Das klingt etwas anders als vor gut einem halben Jahr, da Stadtverwaltung samt Bürgermeister im April im Ortsbeirat von Niederlehme ihre Absicht zum Kauf des Turmes bekräftigten. Der Ortsbeirat seinerseits unterstützt das Anliegen des Heimatvereins von Niederlehme, den Turm öffentlich zugänglich zu machen, dort eventuell ein Café zu etablieren, einen Begegnungsort für die Niederlehmer und ihre Gäste einzurichten und auch mit historischen Reminiszenzen an die über 100jährige Geschichte des Gemäuers zu erinnern. Außerdem – so heißt es in den Vorstellungen – könnten dort Räume für private Feiern und Anlässe zur Verfügung stehen. „Das finden wir gut und haben uns deshalb auch einstimmig im Beirat dafür ausgesprochen, dass die Stadt unser Wahrzeichen übernimmt“, sagt Michael Böhm, der sowohl im Ortsbeirat als auch im Heimatverein mit arbeitet. „Was im Einzelnen im Turm machbar ist, bedarf natürlich weiterer Klärung. Dafür braucht man auch einen langen Atem“, sagt der Archäologe, der sich sehr aktiv in die Gestaltung und das Museumsleben der germanischen Siedlung in Klein Köris einbringt und somit seine Erfahrungen mit der langfristigen und geduldigen Umsetzung von Nutzungskonzepten hat. Am Anfang müsse zumindest eine Perspektive, ein klares Wort stehen (siehe dazu auch den Leserbrief auf Seite 3).
Das aber gibt es nun weder im Ort selbst noch im Ortsbeirat, nachdem die Ortsvorsteherin Ina Engel mit dem Hinweis auf die unabsehbaren Folgekosten sich nicht mehr uneingeschränkt zur Kaufoption bekennt. Das wiederum führte die Freie unabhängige Wählergemeinschaft Königs Wusterhausen (FWKW) auf den Plan, die die Niederlehmer Ortsvorsteherin hart kritisiert. „Ich bin fassungslos“, sagt Katharina Ennullat von der FWKW. Sie ist ebenfalls Mitglied des Ortsbeirates Niederlehme. „Der Ankauf ist eine einmalige Chance, den Turm allen Einwohnerinnen, Einwohnern und Gästen zugänglich zu machen. Diese sollten wir unbedingt ergreifen.“ Dass die Sachlage doch etwas komplizierter ist, zeigt sich nun aber wohl an dem Sperrvermerk für das bereits eingestellte Haushaltsgeld. Und die Stadtverwaltung betont dazu weiter: „Bis zur Klärung des Sachverhaltes werden keine weiteren Mittel für vorbereitende Planungen, Ermittlung der Folgekosten und weiteres aufgewendet.“
TM