Es ist FKK-Zeit: Früher dunkel, kalte Hände und kalte Füße – kurz: es ist Herbst. Eine Zeit, in der man Leuten wieder Kastanien an den Kopf werfen kann. Eine Zeit, in der viele Männer rumrennen, als wäre noch Sommer und viele Frauen, als wäre schon Winter. Fünf Grad nächtens wie diesjahr schon Mitte September machen frösteln nach dem uns noch in den Gliedern steckenden Sommer. Der war eine runde Sache und geht nun in den Winterschlaf. Schade. Herbst ist nun: Still die Luft, matt der Sonnenschein. Die Vögel versammeln sich. Wie auf einem Bahnhof geht es zu: Ein hektisches Hin und Her. Sie haben es eilig, der kommenden Trübe und Grauheit zu entfliehen. Aber alles Missliche hat auch sein Gutes. Wie die Coronaeinschränkungen. Das Leben ist ruhiger geworden. Das Hasten hat Pause. „Ach, was sind wir doch für dumme Leute“, dichtete einst Otto Reutter. „Unser ganzes Leben ist ein Eilen, ein Streben und Bangen. Heute denkt man schon an morgen, morgen an die spätere Zeit – und kein Mensch genießt das Heut’ – auf des Lebens Stufenleiter eilt man weiter, immer weiter.“ In unserer hektischen, schnelllebigen Zeit musste man bis zu Corona die Momente des Innehaltens, der Ruhe und Besinnung tatsächlich suchen. Alles Dinge, die man nicht kaufen kann. „Nutze den Frühling deines Lebens“, schrieb schon erwähnter Otto Reutter einst: „Leb im Sommer nicht vergebens, denn bald stehste im Herbst bis der Winter naht, dann sterbste. Und die Welt geht trotzdem heiter immer weiter, immer weiter.“ Alles ist relativ, wusste schon Albert Einstein. Auch ein Herbststurm. Der ist nichts anderes als Luft, die es eilig hat. Wohl dem, der es nicht eilig hat, der in Liebe zu einem Menschen ruht. So kann er dem Chaos der Welt in Politik, mit Corona, dem täglichem Stress, dem Rumgemotze und Genörgel über alles und nichts der immer Unzufriedenen am besten begegnen. Am Strand des Zeesener Sees sagte mir neulich eine etwas dralle Frau: „Ich bin eine Kastanie. Ich bin ziemlich rund. Na, und?! Und braun bin ich und gesund.“
Es herbstet. Eine doofe Zeit: Die Tageslänge nimmt ab – nur ich nicht. Und überhaupt.