Ich mache am Sonntag drei Kreuze, wenn ich mein Kreuz auf dem Wahlzettel gemacht habe: Weil dann das Dauer-Gedöns mit Wahl-Versprechen aus Worthülsen und Sprechblasen der Politiker erst mal ein Ende hat. Auch wenn die Wahlplakate noch eine Weile die Landschaft verschandeln werden, ehe sie entsorgt werden. Kommen jetzt wieder ehrlichere Zeiten? Nun, wer´s glaubt, wird selig. Genau wie die, die nicht wahrhaben wollen, dass nirgends so viel gelogen wird wie bei Hochzeiten, nach der Jagd und vor der Wahl. Nach der Jagd, vor der Wahl, ist vor der Jagd und vor der nächsten Wahl. Und vielfach ist auch nach der Hochzeit vor der nächsten Hochzeit. Das wird nur nicht klar gesagt. Klarheit ist bei den heutigen Großkopfeten in der politischen Rhetorik ebenso Mangelware wie Unverwechselbarkeit, die weiland Franz Josef Strauß oder Willy Brandt auszeichnete. Wenn es darum geht, mit vielen Worten nichts zu sagen, haben es viele Politiker und Parteien zur Meisterschaft gebracht. Die Wahlprogramme sind ein einziges Kauderwelsch. Peinliche Slogans wechseln sich ab mit Bildmotiven, die allerlei Rätsel aufgeben. Oder wir bekommen Bandwurmsätze mit bis zu 79 Wörtern von der AfD oder FDP oder Linke aufgetischt. Sie versuchen damit Kompetenz zu erwecken – mit Wortungetümen wie „Quellentelekommunikationsüberwachung“. Oma Hintzel aus dem Südkreis wird sagen: „Was es alles gibt! Und die Quellen, die sprudeln doch sowieso nicht wegen der Trockenheit, da müssen sie schon überwacht werden.“ Oder wir werden in Wahlprogrammen mit Fachbegriffen wie etwa „Cell-Broadcasting-Technologie“, was die Technik zum Versenden von SMS ist, oder „Cybergrooming“ zugetextet. Das formal verständlichste Wahlprogramm hat noch die Linke, das am schwersten zu verstehende rum wie num die Grünen. Dabei wollen die Leute – und „Leutinnen“(?) – klare Worte haben, auch wenn’s gegen ihre eigene Überzeugung ist. Meister in Unverständlichkeiten war weiland Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber. Er stotterte 2002: „Wenn Sie vom Hauptbahnhof in München mit zehn Minuten ohne dass Sie am Flughafen noch einchecken müssen dann starten Sie im Grunde genommen am Flughafen am … am Hauptbahnhof in München starten Sie ihren Flug zehn Minuten – schauen Sie sich mal die großen Flughäfen an, wenn Sie in Heathrow in London oder sonst wo Charles de Gaulle in äh Frankreich oder in äh in … in Rom wenn Sie sich mal die Entfernungen ansehen, wenn Sie Frankfurt sich ansehen dann werden Sie feststellen dass zehn Minuten Sie jederzeit locker in Frankfurt brauchen um ihr Gate zu finden – Wenn Sie vom Flug – äh vom Hauptbahnhof starten. Sie steigen in den Hauptbahnhof ein, Sie fahren mit dem Transrapid in zehn Minuten an den Flughafen in an den Flughafen Franz-Josef Strauß, dann starten Sie praktisch hier am Hauptbahnhof in München.“ Klare Worte.
Klares Wort zum Sonntag: Geben Sie am Sonntag Ihre Stimme ab – auch wenn Sie die dann erst mal für vier Jahre los sind! Und überhaupt.