Lübben läuft

Der Frühling schnieft um die Ecke. Vom Eise befreit sind zwar nicht Strom und Bäche, weil sie gar nicht damit bedeckt waren. Die ersten Mötzenbrötzler sind zurück aus dem Süden. In den Wipfeln der märkischen Kiefern göcken schon Sprunsen. Auf den Spreewaldkähnen wird schon gegöckt. Die Tourismussaison beginnt zu brimseln und kommt langsam in die Gänge. Lübben hat sich vorbereitet und dafür einen Parkplatz gebaut. Eine löbliche Sache. An sich. Wenn es nicht ein bramsiger Schildbürgerstreich wäre. Die LDS-Kreisstadt als Tor zum Spreewald wird jedes Jahr von vielen Touristen besucht. Lübben hat sich deshalb was geleistet: das Bahn­hofs­umfeld erneuert. Insgesamt 2,4 Millionen Euro sind hierhin geflossen. Neue Fahrradständer und eine öffentliche Toilette sind entstanden – und eben ein neuer Pendlerparkplatz mit 105 Stellplätzen. Und sich einen Schildbürger-­Klops geleistet: Von dort kommen die Pendler nämlich nicht direkt zum Bahnhof. Nur auf Umwegen. Denn ein Weg dahin – Fehlanzeige. Über die Gleise, eine Brücke oder eine Unterführung – ebenso. Die Pendler müssen viel Zeit mitbringen und stattdessen nun 400 Meter bis zum nächsten Bahnübergang latschen, eine Straße überqueren und 400 Meter wieder zurück laufen. Und das wird noch Jahre so bleiben. Da können sich Touristen ihre Wanderschuhe für den Spreewald schon auf dem Parkplatz anziehen. Zehn Minuten dauert der Umweg. Aber nur, wenn die Schranken nicht gerade unten sind – dann auch länger. Der Parkplatz ist einen knappen Kilometer und eine Bahnschranke vom Bahnsteig entfernt. Außerdem müssen sich Berufs-Pendlerfahrzeuge in Lübben auf einen deutlich zu kleinen Parkplatz neben den Gleisen zwängen, während der neue weitgehend ungenutzt bleibt.

Ein echter Schildbürgerstreich. Über die Schildbürger wurde schon vor 400 Jahren berichtet. Sie waren die merkwürdigen Leute, die alles, was sie anpackten, verkehrt machten: sie bauten ein dreieckiges Rathaus und trugen das Licht in Säcken hinein, sie zogen eine Kuh mit einem Strick auf eine Mauer, um sie dort das Gras abfressen zu lassen, sie säten Salz und ernteten Brennnesseln, sie versenkten eine Glocke im Teich und schnitten eine Kerbe ins Boot, um es später wiederzufinden und, und, und … Zum Beömmeln. Aber nicht heutige Schildbürgerstreiche: kommunale Borniert- und Beschränktheiten, behördlichen Unzulänglichkeiten, bürokratischen Überspitzungen und amtliche Fehlentscheidungen. Wie beim Bahnübergangsdilemma in Lübben. Bürgermeister Jens Richter (CDU) sieht die Verantwortung aber nicht bei den Stadtverantwortlichen, sondern schiebt sie auf die Bahn: „Da gibt es die Hochspannung, Verantwortliche für die Häuser, Verantwortliche für die Bahnsteige und den Zugverkehr. Die alle unter einen Hut zu bringen, dafür braucht man Zeit.“ Keine Selbsteinsicht, dass das Ganze an der Realität vorbei geplant wurde. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass ein Tunnel erst später gebaut werden könne. Die Bahn plant die Fertigstellung des neuen Tunnels für Anfang 2026. Erst Mitte 2025 soll mit dem Bau begonnen werden. Und so lange muss man sich mit den Lübbener Widrigkeiten arrangieren. Bisher wurden schon 2,4 Millionen verbaut. Für paar Fahrradständer und ein Klo. Aber vielleicht finden die Lübbener Stadtoberen noch ein passendes Schildbürgermotiv wie abgelatschte Schuhe fürs Stadtwappen und der Ort wird eine besondere Touristen­attraktion. Motto: Lübben – läuft. Und überhaupt.