Sie hat was von der einstigen „Miss Bildung“ der DDR, Margot Honecker: Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst. Sie ist auch die Frau des Staatschefs, kehrt das zwar nicht raus und hat nun auch keine lila Haare wie einst die unselige Margot. Aber ihr Blick für die Realität ist auch etwas realitätsfern. Denn das sieht ein Blinder mit Krückstock: Die deutschen Schulen haben ein Problem. Ein gewaltiges. Sie ächzen unter wachsenden Schülerzahlen, bunteren Klassen – und viel zu wenig Personal. Dem Bildungsanspruch des Nachwuchses nachzukommen, daran scheitert das Bildungssystem, weil es zu Wenige gibt, die sich dem widmen wollen.
Nur in Brandenburg ist das anders. Sagt jedenfalls die Bildungsministerin. Sie sieht den Bedarf für Erzieherinnen gedeckt und auch bei Lehrern sei die Lage nicht so gravierend. Im kommenden Schuljahr werden aber nach Berechnungen 1.800 Lehrkräfte benötigt. Weil so viele Fachkräfte und Seiteneinsteiger kaum zu gewinnen sind, sucht das Ministerium nach alternativen Lösungen, die bei der Gewerkschaft GEW, dem Landeselternrat und der Landtagsopposition umstritten sind. So plant Ministerin Ernst wegen des Lehrermangels, im gesamten Land Brandenburg 200 Lehrkräfte-Planstellen für Verwaltungsfachkräfte – sogenannte Assistenzen – und Schulsozialarbeiter umzuwidmen. Ernst verteidigt die Pläne damit, dass die für kommendes Schuljahr benötigten 1800 neuen Lehrkräfte nicht zu gewinnen seien. So viele ausgebildete Pädagogen seien auf dem Arbeitsmarkt nicht verfügbar. Daher sollten die Lehrer in Schulen in den ländlichen Regionen mit einem hohen Anteil an Seiteneinsteigern von Verwaltungs- und anderen Aufgaben entlastet werden, um den Unterricht zu garantieren. Vielerorts werden Studierende etwa als Vertretungskräfte eingesetzt, die meisten befinden sich noch im Erst- oder Bachelor-Studium. Dann kommen jene Altlehrer hinzu, die eigentlich im Ruhestand sein sollten, aber mangels Personals weiter an der Tafel stehen. Die würde es Lehrkräften, „die noch Reserven haben, ermöglichen, für mehrere Jahre ein oder zwei Stunden mehr zu unterrichten und dafür dann ein oder zwei Jahre früher in Ruhestand zu gehen“. Zudem sollen Anreize geschaffen werden, damit Lehrkräfte freiwillig länger arbeiten. Können die sowie Rentner und Studierende das Problem lösen?
Den Schulen werden trotzdem die Lehrerstunden gekürzt – und die Vorgabe des Ministeriums ist, bei Zusatzangeboten wie Förder- und Ganztagsunterricht sowie Inklusion die Stunden einzusparen. Sogar auch in der rot-schwarz-grünen Regierungskoalition regt sich dagegen Widerstand. Die umstrittenen Streichpläne von Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst betreffen viele Brandenburger Schulen. Sie müssen Zusatzangebote wie Förder- und Ganztagsunterricht sowie bei der Inklusion kürzen. Der Unmut über die Auswirkungen ist groß. Durch die Pläne der Ministerin fallen Lehrerwochenstunden weg. Dadurch an vielen Schulen im Grundschulbereich auch die Begabtenförderung. In der Sekundarstufe müssen Schulen die Ganztagsangebote reduzieren. Auch die Einzelförderung von benachteiligten Kindern werden durch die Kürzungen der Bildungsministerin der Lehrerstunden wohl leiden, es gibt auch weniger sonderpädagogische Betreuung. Es wird mal wieder bei den Kleinsten und Schwächsten gespart. Aber das interessiert die Frau Ministerin wenig. Nun kann man etwas dagegen tun: Mehr Quer- und Seiteneinsteiger in die Schulen locken, das Hochschulangebot ausbauen, ältere Schüler ins Selbststudium schicken. In Brandenburg sind 3222 Quer- beziehungsweise Seiteneinsteiger in Schulen tätig sind. Das Problem nur: Wenn sie sich eingefuchst haben, gut bei den Schülern ankommen, werden viele wieder vergrault, werden nur studierte Lehrer eingesetzt, wie es auch in Zeesen geschah. Und: Rentner sollen auf den Ruhestand verzichten und noch länger an der Tafel stehen. Kaum ein Lehrer ist nach den Jahren im Schulstress dazu in der Lage, ist nervlich kaputtgespielt, möchte lieber heute als morgen in Rente gehen. Aber Ministerin Ernst sieht den Bedarf als gedeckt an. Sieht sie die Probleme nicht – oder will sie sie nicht sehen? Das deutsche Schulsystem ist krank. Und die Bildungsministerin realitätsblind.
Und überhaupt.