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Sonntag, Dezember 10, 2023
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Mehr Horizont für alle

Sagen Sie es nicht weiter, ich selbst sag es ja auch keinem: Ich fliege in den Urlaub. Wenn das die Klimaaktivisten wüssten! Ein wenig schäme ich mich ja auch – wegen des Fliegens. Denn wir sollen uns schämen. Sollen wegen der Klimaschädlichkeit Flugscham haben. Alle diejenigen, die mit dem Flugzeug in den Urlaub reisen. Diese Umweltaktivistin Greta Thunberg predigt uns das. Sollen statt Flugzeug besser den Zug nutzen. Im Prinzip hat sie ja Recht. Und das kann man ja mal machen, habe ich mir gedacht. Statt in eineinhalb Stunden mit dem Flieger in Italien zu sein, dann eben „schnell, günstig und bequem“, so die Bahn es verspricht, mit der Bahn nach Florenz. Dauert auch nur 17 Stunden. Mindestens. Und heißt zweimal umsteigen mit den Koffern. Egal, hast doch zwei Wochen Urlaub. Und kannst den Urlaub in vollen Zügen genießen. So war es. Sogar noch mit einer von der Bahn spendierten zusätzlichen Stunde fürs gleiche Geld – wegen Verspätung. War ein echtes Erlebnis, das mit der Bahn. Also danke für den Tipp, Greta! Aber einmal reicht. Zurück bin ich dann geschamig geflogen. Über Köln. Der Flughafen war auch rappelvoll. Wegen der Regierungs-Pendler zwischen Bonn und Berlin. Hunderte sind das täglich. Hin und her. Ob die klimaneutral fliegen? Ach was! Keine Spur bei denen von Flugscham oder der Gedanke bei der Regierung, die Dienststellen nun endlich alle nach Berlin zu verlegen. Juckt dort keinen. Geht auch nicht, wir müssen sparen. Koste es, was es wolle. Außerdem: Flugscham stoppt die Wirtschaftsentwicklung. Stand neulich in den Börsennachrichten. Da fielen gerade die Aktien der Lufthansa – wegen der Flugscham. Das kann nicht sein! Da muss man doch was tun! Um die deutsche Wirtschaft nicht gänzlich zu ruinieren, bin ich – mich schämend selbstverfreilich – nach Hause geflogen. Bekannte von mir sind da radikaler. Sie haben in diesem Jahr wegen der Flugscham das in den Urlaub zu fliegen nicht in Betracht gezogen. Sie machen stattdessen Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff… Pro Person und Kilometer entsteht bei Kreuzfahrten 300 Gramm CO2 – ungefähr auch so viel wie beim Fliegen. Alle Kreuzfahrtschiffe der Welt sind an zwei Prozent der Klimabelastung schuld – Frachtschiffe aber an doppelt so viel. Frachtschiffe mit Containern. Beladen mit Bananen, Äpfeln aus Neuseeland, Rindfleisch aus Südamerika. Billigklamotten aus Fernost und anderem Krempel. Kaufscham? Wir sollten uns schämen, das zu kaufen! Die Frachtschiffe der Welt produzieren so viel CO2 wie Deutschland insgesamt! Also: Esst heimische Äpfel, esst weniger Bananen, im Winter keinen Spargel aus Mexiko. Und ich sage: Es wird eindeutig Zeit für schamlose Container-Windjammer und Segelfliegerjets mit Elektromotor. EasyJet wirbt jetzt ganz unflugschämend mit dem Slogan: „Mehr Horizonte für alle“ – wir fliegen Sie zu über 90 Reisezielen! Die märkische SPD warnt jetzt auch vor Hysterie beim Klimaschutz. Jawohl: Mehr Horizont für alle. In jeglicher Weise. Und überhaupt.

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