Wachsendes Lehrstellenangebot vs. mehr unbesetzte Stellen
Die Lage auf dem regionalen Ausbildungsmarkt zeigt sich aus Sicht der regionalen Wirtschaft dramatisch, aus Sicht der Jugend aussichtsreich wie nie. Im abgelaufenen Berufsberatungsjahr vom 1. Oktober 2016 bis zum 30. September 2017 wurden 962 Lehrstellen gemeldet – und 886 Bewerber. Obwohl es gelungen sei, den Bewerberrückgang zu stoppen, habe sich die Angebots- und Nachfrage-Schere durch die rasant wachsende Personalnachfrage weiter geöffnet. Nach dem 30. September 2017 waren noch 211 Ausbildungsstellen unbesetzt.
Und genau hier wird das zentrale Problem sichtbar. Trotz dieser großen Stellenvielfalt bleiben am Jahresende immer mehr Jugendliche ohne Ausbildungsvertrag – in diesem Jahr fast 100 mehr wie vor zwei Jahren. Mit Sorge beobachtet die Agentur für Arbeit, dass bei immer mehr Schülerinnen und Schülern immer größere Hürden genommen werden müssen, ehe das Thema Berufswahl überhaupt platziert werden könne. Immer häufiger kämen junge Menschen mit familiären Sorgen zur Berufsberatung, auch die Kehrseite der Digitalisierung werde spürbarer. „Wir beobachten schon, dass einige Jugendliche in ihrer digitalen Wunschwelt versinken und keine Motivation finden, sich mit ihrem reellen Leben auseinanderzusetzen.“ Psychische Erkrankungen und schulische Probleme seien ebenfalls wachsende Herausforderungen.
Allerdings träfe diese kritische Entwicklung nicht auf die Mehrheit der jungen Menschen zu: So konnten im vergangenen Jahr viele interessierte und motivierte junge Menschen in Ausbildung vermittelt werden. Und schon jetzt kommen viele Schülerinnen und Schüler zur Berufsberatung, die im kommenden Jahr von der Schule in den Beruf wechseln möchten. Die Hälfte der Unternehmen in der Region – deutschlandweit sind es nur ein Drittel – sagen, sie können die offenen Stellen nicht mit Lehrstellenbewerbern besetzen. Boris Müller, Leiter der Geschäftsstelle KW der Arbeitsagentur: „Während bis vor ein paar Jahren sich noch die Bewerber für die Ausbildungsbetriebe interessant machen mussten, ist es heute genau umgekehrt. Die Berufsausbildungsstellen sind gefordert, Nachwuchs für sich zu gewinnen.“ Die Arbeitsagentur bietet den Unternehmen dabei ihre Hilfe an. Damit sollten diese nicht zu lange warten: Die Nachwuchsgewinnung für den Ausbildungsherbst 2018 läuft!
Es gibt eine Riesenauswahl an Ausbildungsplätzen! Betrieben wie Bewerberinnen und Bewerbern bieten sich in nahezu allen Berufsfeldern gute Chancen. Aber nicht immer passen Angebot und Nachfrage zusammen. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollten verstärkt auch Lehrstellensuchende in Betracht ziehen, die nicht auf den ersten Blick allen formalen Anforderungen entsprechen. Die Jugendlichen wiederum sollten Alternativberufe nahe am Wunschberuf in Betracht ziehen. Jugendliche, die noch in diesem Jahr mit einer Ausbildung starten möchten, finden alle Angebote in ihrer Region mit der kostenlosen App Lehrstellenradar www.lehrstellen-radar.de.“ Mehr als 40 Prozent der Betriebe in Südbrandenburg können laut IHK-Ausbildungsumfrage aktuell nicht mehr alle Ausbildungsplätze besetzen. Neben der demografischen Entwicklung ist dieser Rückgang vor allem dem anhaltenden Trend zum Studium geschuldet. Anke Schuldt, Leiterin des Bereichs Ausbildung der IHK Cottbus: „Hier bedarf es dringend einer bildungspolitischen Kurskorrektur. Denn die Fachkräftefrage wird für viele Unternehmen, vor allem im produzierenden Gewerbe, zunehmend zur Existenzfrage. Wir brauchen wieder eine Kultur der Wertschätzung nicht nur gegenüber akademischen, sondern auch gegenüber beruflichen Bildungswegen. Aus diesem Grunde sind wir als IHK verstärkt in den Gymnasien unterwegs, um zu informieren, welche attraktiven Perspektiven beispielsweise Ausbildung plus Aufstiegsfortbildung bieten.“
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