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Dienstag, März 19, 2024
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Nicht ganz dichte Denker

Diese Frage haben wir uns in den letzten Wochen vielfach gestellt: Kann der Staat wegen Corona mit uns umspringen, wie es ihm passt, uns Grundrechte und Freiheiten beschneiden? Nein, kann er nicht! Aber ist Widerstand dagegen Protest, wenn er in Anarchie ausartet? Wenn Querdenkerrandale als neue Demokratie verstanden wird? Die Polizei überwältigen, Auflagen ignorieren, Mythen verbreiten: Nach diesem Rezept laufen Demonstrationen von Querdenkern und Coronaleugnern.

Fakt ist aber zugleich: Corona hat auch sein Gutes. Es ist als Deppendetektor unübertroffen. Leute, die nicht mal geradeaus denken können, wollen plötzlich querdenken. So sieht es der Bestsellerautor Peter Grünlich in seinem neuen Buch „Idiotenland. Deutschland vom Land der Dichter und Denker zum Land der nicht ganz dichten Querdenker.“

Zum Beispiel letztes Jahr in Berlin: Leute, die ohne Mundschutz gegen die Corona-Maßnahmen demonstrierten und versuchten, den Reichstag zu stürmen. Inspiriert von dämlichen Zeitgenossen wie dem Vegan-Koch und dem Verschwörungstheoretiker Attila Hildmann – genannt der „Gemüse-Hitler“. Der ist ja der Meinung, Angela Merkel sei „eine Satanistin“, denn sie wohne nahe am Pergamon-Altar. Und auf dem wurden früher Menschenopfer gebracht. Die Querdenker entblöden sich auch nicht, selbst die von den Nazis hingerichtete Sophie Scholl für sich zu vereinnahmen. Teilnehmer vergleichen die gegenwärtige Pandemie und die damit einhergehenden Freiheitseinschränkungen durch die Bundesregierung mit dem NS-Regime. Auf ihren Demonstrationen wurden Plakate mit Scholl-Zitaten hochgehalten. Eine bekannte Querdenkerin blökte auf einer Bühne in Hannover: „Ich fühle mich wie Sophie Scholl, da ich seit Monaten aktiv im Widerstand bin“.

Auch Grünlich ist entsetzt über solche Denk-Dämlichkeiten genau wie über die Medien, die monatelang nur noch über das hirnlose Geschwurbel eines Xavier Naidoo oder Michael Wendler berichten. Doch die beiden sind nicht allein. Es gibt viele, die nicht ganz dicht sind. Und es gibt bei uns mehr und mehr eine kollektive Verblödung. Internet, soziale Netzwerke und Globalisierung sind dafür verantwortlich. Aber auch die Massenmedien.

Grünlich meint, „wir leben am Übergang zur Idiokratie“. Idiokraten – Leute, die ein Brett vor dem Kopf und der Realität haben. Zu viele versuchen, aus „Deutschland ein Idiotenland“ zu machen.

Dieser Tage sah ich am Eingang eines Zeesener Super­marktes, wie ein älterer Mann ausfällig und handgreiflich gegen einen Mitarbeiter wurde, weil der ihm zum Corona­schutz den Zutritt ohne Einkaufswagen verwehrte. Und vor einer Arztpraxis erlebte ich, wie ein Mann, der auf dem Weg zum Impfen war und deshalb von einem anderen beschimpft wurde, er begäbe sich in die Fänge der Pharmakonzerne. Da kenne ich einige solcher Beispiele.

Die beste Waffe gegen Corona soll der gesunde Menschenverstand sein – verdammt, da sind wir ziemlich ­unbewaffnet. Und überhaupt.

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