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Königs Wusterhausen
Donnerstag, November 30, 2023
Pension am Schloss

Opfer – Täter – Zuschauer?

TH Wildau sensibilisiert zu den Themen rechte Gewalt und geschichtliche Verantwortung

Die Ausstellung „Todesopfer rechter Gewalt nach 1990“ läuft derzeit in der Hochschulbibliothek der TH Wildau. Der Wildauer Kinder- und Jugendverein e.V. (KJV) holte die Schau im Rahmen des Kooperationsprojekts „Jugendarbeit in ZEWS“ und in Zusammenarbeit mit dem Stadtjugendring Königs Wusterhausen e.V. in die Region.

Mindestens 183 Menschen sind in der Zeit zwischen 1990 und 2017 in Deutschland durch rechte Gewalttaten ums Leben gekommen. Einige Schicksale bewegten die Öffentlichkeit, viele wurden kaum zur Kenntnis genommen, die meisten sind in Vergessenheit geraten. Die Ausstellung „Todesopfer rechter Gewalt seit 1990“ ist eine Dokumentation zur Erinnerung an diese Menschen. Interessierte können die Ausstellung im Oktober während der Öffnungszeiten der Hochschulbibliothek, montags bis freitags zwischen 9 und 20 Uhr, besuchen.

„Das friedliche Zusammenleben ohne Zwang und Gewalt ist kein Selbstläufer, sondern muss immer wieder aktiv eingefordert und vergegenwärtigt werden“, sagte Frank Seeliger, Leiter der Hochschulbibliothek, bei der Eröffnung in der vergangenen Woche. „Es ist eine Grundvor-aussetzung für unsere Hochschule und für das Miteinander über Grenzen hinweg.“ Die Ausstellung gedenkt auf jeweils einer Tafel der Opfer der rechten Gewalt von 1990 bis 2017 in chronologischer Reihenfolge. Auf allen Tafeln finden sich Angaben zum jeweiligen Menschen wie etwa Name, Alter oder Beruf. Zudem wird der tödliche Angriff knapp skizziert. Die Ausstellung erfasst die Todesfälle, denen von ZeugInnen oder der Polizei eine rechte Tatmotivation zugeschrieben wurde.

Die Angaben basieren auf Medienberichten, die die Künstlerin Rebecca Forner für die erste Fassung der Ausstellung zusammengetragen hat. Die Recherchen sind oft lückenhaft und die tatsächliche Zahl der Opfer dürfte höher liegen. Daher wird die chronologische Ordnung der Tafeln durch drei Spiegeltafeln mit den Aufschriften „Täter?“, „Opfer?“, „Zuschauer?“ unterbrochen. Alle abgebildeten Texte liegen in deutscher und englischer Sprache vor. Erstmals gezeigt wurde die Arbeit „Opfer rechter Gewalt“ im Jahr 2002 in der Berliner Gedenkstätte „Topographie des Terrors“.

Dass derartige Themen und die Sensibilisierung für die Wildauer Hochschule von besonderer Bedeutung sind, beweist auch der im Januar 2022 eröffnete Erinnerungsort zur NS-Zwangsarbeit auf dem Campus direkt neben dem Wasserturm. Im Rahmen ihres 30jährigen Bestehens beschäftigt sich die Hochschule mit der eigenen Geschichte und der ihres Standortes. Die sanierten Werkhallen, in denen heute gelehrt, gelernt und geforscht wird, sind Zeugnisse der Vergangenheit. Um 1900 herum errichtete die Berliner Maschinenbau AG (vormals Schwartzkopff) in Wildau eine Lokomotivproduktionsstätte von internationaler Bedeutung. Später kam das Elektrounternehmen Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG) hinzu und begann mit dem Bau elektrischer Lokomotiven. Während des Zweiten Weltkrieges setzten beide Unternehmen tausende Zwangsarbeitende aus Tschechien, Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Polen in der Produktion ein. Die TH Wildau hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Aspekt der Geschichte ihres Standorts, aber auch die darauffolgende Zeit aufzuarbeiten. Weiterführende Informationen finden sich auf https://opfer-rechter-gewalt.de/ausstellung/ und auf https://www.th-wildau.de/erinnerungsort.

RED / PI TH Wildau
(F: pixabay)

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