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Schon gehört? Der Präsident kommt!

Die Aufführungen von „Paulas Rummel“ durch die Musikbetonte Gesamtschule „Paul Dessau“

In der Projektwoche im Juni 2018 gab es an der Musikbetonten Gesamtschule Paul Dessau von Zeuthen eine Komponisten- und eine Theaterwerkstatt. Der Komponist Helmut Zapf und der Regisseur Moritz Nitsche leiteten sie und führten sie am Ende zusammen. Am Anfang stand eine vage Idee und niemand wusste, wohin die Reise gehen wird.

Moritz Nitsche wollte an ein Stück anknüpfen, das Paul Dessau in den 60er Jahren für die Schüler der damaligen Polytechnischen Oberschule in Zeuthen komponiert hatte: „Rummelplatz“. Er wollte die Kinder „…durch heiteres Spiel an den Ernst der Musik und ihre Begleitkünste wie Tanz, Pantomime, Lyrik und Prosa heranführen.“ So hatte es Paul Dessau 1965 selbst formuliert. Es war von Anfang an klar, dass es keine Neuinszenierung des fast 60 Jahre alten Singspiels geben sollte. Etwas Neues musste entstehen, das vom Thema „Rummelplatz“ inspiriert wäre.

Am ersten Projekttag besuchten die Schüler das Archiv der Akademie der Künste, in dem auch der Nachlass von Paul Dessau aufbewahrt und aufgearbeitet wird. Sie hörten eine alte Aufnahme vom „Rummelplatz“ und sahen Originaldokumente wie Noten und Briefe. Besonders interessant war es, Dessau in einem Dokumentarfilm bei der Arbeit zu beobachten – unter anderem auch mit Schülern der Zeuthener Schule während des Musikunterrichts.

Schon am Nachmittag begann mit „Catwalks“ und einem spektakulären Blick auf den Pariser Platz die eigentliche Theaterarbeit. Jeder sollte einen, seinen Gang finden. Und überlegen, was man mit einem Rummelplatz verbindet. Dem Regisseur gelang es in nur dreieinhalb Tagen, Gefühle, Assoziationen, Bewegungen, Worte aus den Schülern von Klasse 7 bis 12 herauszuholen, zu bündeln, zu strukturieren und mit der Musik, die parallel entstand, ein Stück zu entwickeln. Parallel probten die Musiker und erfanden eine Musik- und Geräuschkulisse. Viele Ideen sind so in das Endprodukt eingeflossen. Aber es gab auch Zweifel von Seiten der Schüler: Was ist das denn für eine seltsame Musik? Warum knallt der Klavierdeckel so laut herunter? Warum singen die Musiker ins Klavier hinein und nicht zum Publikum hin? Wie sollen wir Jahrmarktgeräusche machen und warum bewegen wir uns so komisch?  DAS SOLL EIN STÜCK SEIN? Hinzu kam die Angst vor der Aufführung. Würde man sich vor den Mitschülern und Lehrern blamieren?

Nein, es wurde keine Blamage. SchülerInnen aller Klassen saßen auf dem Boden der Mehrzweckhalle um ein Rechteck herum, in welchem die Schauspieler standen. Die Musiker befanden sich auf der Bühne. Eine Viertelstunde ungewohnte/ unerhörte Musik, Bewegungen und Ausrufe von Worten im abgegrenzten Raum, scheinbar zusammenhanglos, dann sich wieder zusammenfindend. Ein erstauntes, vielleicht auch irritiertes Publikum, das aber den Mitschülern Respekt und Beifall zeigte. Das war etwas Neues, was allen Hör- und Sehgewohnheiten nicht nur der Jugendlichen, sondern auch der meisten Erwachsenen nicht entsprach. Etwas zum Nachdenken darüber, was Kunst ist, was wir von ihr erwarten und was sie uns geben kann.

Zu diesem Zeitpunkt war schon klar, dass es eine weitere Aufführung geben würde: Zur Eröffnung der Ausstellung „Kinder im Exil“ im Abgeordnetenhaus von Berlin. Im Mittelpunkt stehen hier erstmals nicht die berühmten Eltern, sondern ihre Kinder.  Auch hier gibt es wieder einen Bezug zu  Dessau. Er war 1933 gezwungen, Deutschland zu verlassen. Seine beiden Kinder mussten mit ins Exil und sind in der Ausstellung mit Fotos und Dokumenten vertreten. So ging es für viele Teilnehmer der Projektwoche weiter mit den Proben für den großen Auftritt in Berlin. Schließlich wurde sogar gemunkelt – der Präsident kommt! Die Atmosphäre im Abgeordnetenhaus, die beeindruckende Architektur, das Lampenfieber, die feierliche Stimmung bei der Veranstaltung und der große Beifall am Ende des Stücks durch die Vertreter der Akademie der Künste, durch die Abgeordneten, die Gäste – das tat gut.

Ein großes Dankeschön an die Akademie der Künste und die Gemeinde Zeuthen, die die Projekte finanziell unterstützten, an Helmut Zapf und Moritz Nitsche, die den SchülerInnen neue Perspektiven öffneten und sie neue Erfahrungen machen ließen und natürlich an die Jugendlichen, die Zeit investierten, sich etwas trauten und die Musikbetonte Gesamtschule „ Paul Dessau“ in der Öffentlichkeit sehr gut vertraten. Und der Präsident? Es war zwar nicht der Bundespräsident, der kam.  Aber dafür waren es gleich zwei – der Präsident des Abgeordnetenhauses Ralf Wieland und die Präsidentin der Akademie der Künste Professor Jeanine Meerapfel. Großes Kino!

Dr. Marina Schweppe

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