Der Haushalt lässt auf sich warten – aber das Jubiläumsjahr hat trotzdem dank zahlreicher Initiativen der Königs Wusterhausener vielversprechend begonnen
Ein Königs Wusterhausen aus Pappe und Streichhölzern, aus Grashalmen, Zahnstochern und Kaffee-Rührlöffeln – dafür braucht es zum Glück kein gefülltes Haushaltssäckel, dafür braucht es „nur“ ein gehöriges Maß an Kreativität und Geschick, sehr viel Zeit und noch mehr Liebe zur Stadt. Das alles steckt in dem historischen Stadtmodell, das zweifellos der Hingucker der Sonderschau „700 Jahre Königs Wusterhausen“ im Dahmelandmuseum ist.
Mit der Eröffnung der Ausstellung, mit der stimmungsvollen Orgelwoche im Januar in der Kreuzkirche oder der gerade erst erfolgen Huldigung des Radio-Pioniergeistes auf dem Funkerberg ist die Stadt auch ohne gültigen Haushaltsetat gebührend in ihr großes Jubiläumsjahr gestartet. Es zeigt, welcher Glücksfall es ist, dass sich Königs Wusterhausens Einwohner mit ihrer Stadt identifizieren, dass sie zahlreiche Initiativen für eine lebendige Stadtgesellschaft entwickeln. Dafür steht auch die Sonderausstellung im Stadtmuseum. Der Heimatverein zeigt dort zusammen mit seinen Partnern einen kompakten Abriß der Stadtgeschichte. Der kurzweilige Überblick reicht von den neuen Erkenntnissen zur Ersterwähnung im Jahr 1320 über die bekannten Details zur Schloss- und Funkerberg-Geschichte, über Architektur-, Handwerk- und Industrieentwicklung bis hin zu facettenreichen Blicken auf die einzelnen Ortsteile.
Und mit dem Modell erwacht in der informativen Schau förmlich das Leben. Es war die Idee von Heimatmitglied und Museumsführer Heinz Flieger, einen Moment aus der 700jährigen Zeittafel des Ortes zu modellieren. „Das ist seit vielen Jahren mein Hobby“, sagt der pensionierte Maler und Dekorateur, der sich seit 13 Jahren im Heimatverein engagiert. „Es gibt im Stadtarchiv einen Bauplan, der Königs Wusterhausen im Jahr 1800 zeigt“, erklärt der 65jährige, „den habe ich originalgetreu nachgestaltet.“ In der Nachbarschaft von Schloss und Kirche, die noch mit einem freistehenden Glockenturm aus Holz ausgestattet ist, gruppieren sich kleine, Schilf gedeckte Fachwerkhäuschen. Kavalierhäuser, das Königliche Forstamt samt seinen Hofgebäuden oder die Mühle am Nottewehr stehen so wie heute an ihrem Platz. Der Verlauf der Straßenzüge ist ebenfalls so gut wie unverändert. Da, wo sich heute die Stadt ausbreitet, ziehen sich Gärten und Felder ins Land.
Ob Brunnen oder Mühlrad, bewegliche Holländerbrücke oder Amtsgartenmauer – jedes Detail ist nicht nur liebevoll herausgearbeitet, es ist auch historisch belegt. Ein Schiffer am Holzkahn auf der Notte, ein Händler mit Ochsengespann, Gärtner im Park, Handwerker beim Dachbau, ein Liebespaar im Schatten eines Baumes – es fehlt auch nicht an Menschen im Revier. „Wir wollen mit diesem Stadtmodell jung und alt zum Entdecken einladen“, sagt Heinz Flieger, „es soll Spaß machen, sich mit der Geschichte zu beschäftigen und zu uns ins Museum zu kommen.“ Selbstredend kommt daneben aber auch die fundierte Aufarbeitung des Stadtjubiläums nicht zu kurz. Der vom Museumsverein herausgegebene, aktuelle Heimatkalender 2020 beschäftigt sich in zahlreichen Einzeldarstellungen damit. Und zur Jahresmitte wird auch eine neue Chronik erscheinen, die von der Stadtverwaltung in Auftrag gegeben wurde. Es gibt also genug Stoff, um sich einzulesen und einzustimmen auf das große Stadtfest am 5. September, bei dem auf vier Bühnen und einer Festmeile zwischen Schloss und Funkerberg das Jubiläum gefeiert wird. Der Etat von rund 150000 Euro wurde übrigens schon im Haushalt 2019 beschlossen
– zum Glück! TM