Die Reiseregionen Dahme-Seen und Spreewald müssen angesichts der Anziehungskraft von Tropical Islands weiter auf Internationalisierung setzen
So langsam kommt die Müdigkeit. Der Tag war lang, die feucht-warmen Tropen haben den Körper trotz oder gerade wegen all der Urlaubsseligkeit unterm 100 Meter hohen Dach vom Tropical- Islands-Dome träge und schlapp gemacht. Aber zum letzten Saunaufguss kurz vor Mitternacht strömt das Volk doch noch einmal in großer Zahl in der Palaneri Lehmhütte zusammen.
Der polnische Zeremonienmeister gibt alles. „Fächer oder Handtuch?“ ruft er rein rhetorisch und wedelt, ohne die Antwort abzuwarten, mit beiden Utensilien den prustenden Gästen die heiße Kräuterluft ins Angesicht. Er scherzt und schäkert und entlässt schließlich ein spürbar gut gelauntes Publikum in die Nacht. Das verteilt sich so allmählich auf die Zeltplätze und Lodges rund um Dschungel und Lagune. Der eine oder andere hat freilich immer noch nicht genug. So ziehen ein paar einsame Schwimmer ihre Bahnen durch die Südsee, in den Blubberbecken der Lagune schmust ein Pärchen. Die wenigen Nachtschwärmer haben die Strände und das Wasser, die tagsüber so heiß umkämpften Liegen und auch die tapfer ihre Posten haltenden Bademeister nun fast ganz für sich alleine.
Der gigantische Ferienbetrieb mit seinen bis zu 6000 Tagesgästen hat zwar auf Ruhemodus geschaltet. Und doch entfaltet er gerade in diesen Stunden zwischen den Tagen jene Kraft, die ihn zu einem treibenden Motor in der Entwicklung des Tourismus zwischen den Dahme-Seen und dem Spreewald, ja in ganz Brandenburg gemacht haben. Denn die Halle ist auch zur mitternächtlichen Stunde trotz friedlicher Mondlichtstimmung nicht leer. Der 24-Stunden-Bertrieb war von Anfang an Teil des Konzepts von Tropical Islands, das in diesem Jahr sein 15jähriges Jubiläum feiert. Anfangs konnte man sich noch recht unkonventionell und durchaus preiswert einfach auf den Liegen am Strand betten. Inzwischen ist das Ressort mit rund 1900 Betten innerhalb und außerhalb der Halle zum professionellen und wichtigsten Herbergsbetrieb im Land aufgestiegen. Direkt in der einstigen Luftschiffwerft können knapp 1000 Menschen in Zelten, in sogenannten Adventure-Lodges – das sind Zimmer ohne eigenes Bad – und in Premium-Räumen mit gehobenem Hotelstandard übernachten.
Auch wenn das alles seinen Preis hat, die Auslastung liegt bei rund 85 Prozent – ein Spitzenwert in der Hotellerie. Die beiden Reiseregionen des Landkreises, der Spreewald und die Region der Dahme-Seen, an deren Schnittstelle die exotische Ferienlandschaft liegt, profitieren längst von der weit über die Landesgrenzen hinausgehenden Anziehungskraft des einstmals belächelten Freizeitparks. Sie belegen im Ranking der beliebtesten märkischen Urlaubsziele nicht zufällig die Plätze 1 und 3. „Tropical Islands und auch der Flughafen in Schönefeld entfalten gerade auch bei ausländischen Gästen eine Sogwirkung, auf die wir uns insgesamt in der Region noch besser einstellen müssen“, sagt Dana Klaus vom Tourismusverband Dahme-Seen.
Über dem Brandenburger Südsee-Dschungel zieht ein neuer Morgen auf. Die Wintersonne entfaltet schon eine erstaunliche Kraft durch die transparente Dachfolie hindurch. Noch behaupten sich im Regenwald die Rufe der Pelikane gegen den langsam anschwellenden Sprachen- und Geräuschepegel von Menschen und Maschinen. Während die Übernachtungsgäste in Shorts und Badelatschen zum Frühstücksbuffet schlurfen, drängen die neue Besucher in dicken Mänteln, mal nur mit Schwimmreifen, mal mit schweren Koffern beladen, in Richtung der Umkleide- und Gepäckkabinen. Sie erinnern daran, dass der Tag draußen vor der Tür eigentlich mit Minusgraden beginnt. Aber das ist schnell wieder vergessen angesichts der munteren, erwartungsvollen Vorfreude auf die nächste Auszeit in einer imaginären, tropisch-schwülen Urlaubswelt. TM