Überfordert

Das ist bei jeder Regierung so: „Die da oben“ wissen selten, was bei „denen da unten“ abgeht. Jüngstes Beispiel: das Bildungspaket der Bundesregierung. Nach vielen und langen Streitereien zwischen Regierung und Opposition und Riesenanlauf mit viel Getöse losgesprungen wie ein Tiger, ist es als Bettvorleger gelandet: Es wird kaum angenommen. Im Anliegen richtig – Förderung von Kindern aus armen Familien – ist es jedoch so kompliziert, dass nur die Wenigsten die Leistungen beanspruchen. Im Landkreis Dahme-Spreewald lagen im Jobcenter Mitte April bei rund 3200 anspruchsberechtigten Kindern erst 326 Anträge vor – also ein Zehntel. Bundesweit sieht es kaum besser aus. Das Problem ist die Bürokratie – und das Nichtverständlichmachen der Leistungen bei den betroffenen Eltern. Viele sind überfordert. Das Bildungspaket setzt nämlich voraus,  dass sie um den Bildungsmangel ihrer Kinder wissen. Und dass sie die Infos zum Bildungspaket lesen. Dass sie zum Amt gehen. Dass sie Formulare ausfüllen. Dass sie Bestätigungen bringen. Doch die – wie es im Amtsdeutsch heißt –„kulturelle Teilhabe“ am Leben ist bei vielen Hartz-IV-Empfängern nichts mehr, was sie sonderlich interssiert. Viele haben  aufgrund langer Arbeitslosigkeit mit der Gesellschaft nicht mehr viel am Hut, haben keine Interessen mehr. Sie zu motivieren, dass ihre Kinder nicht den Berufswunsch haben, „Hartzer“ zu werden, wenigsten diese am kulturellen Leben teilnehmen zu lassen, ist schwer. Partner dabei wären Schulen und Kitas. Doch deren Einbindung in das Bildungspaket existiert bisher großteils nur auf dem Papier. Dabei wären sie die Experten, wenn es um Nachhilfe, den Zuschuss zur Klassenfahrt oder für das Mittagessen geht. Doch die Schulen sind mit dem Bildungspaket selbst überfordert, wissen nicht um das Wie und Zuständigkeiten, müssen selbst ellenlange bürokratische Anträge stellen, selbst Mittel vorauslagen, diese Gelder später wieder einfordern. Statt das Geld direkt über die Kommunen an die Schulen und Kitas zu vergeben, will die Bundesregierung unbedingt, dass die Jobcenter die Mittel vergeben. Andersrum wird ein Schuh draus: Jedes Kind hat ein Anrecht auf Förderung und die Schulen müssen in die Lage versetzt werden, das zu gewährleisten. In den Schulen weiß man oft besser als im Elternhaus – auf jeden Fall besser als an den Schreibtischen der Jobcenter mit den dortigen Paragraphenreitern – was ein Kind braucht und will: Warmes Schulessen, Arbeitsgemeinschaften am Nachmittag, eine Sportgruppe, eine Schulbibliothek. Gab es schon alles mal. Damals. Im armen Osten.
Jetzt werden Gesetze gemacht, um Grundmängel zu verwalten, Bildungspakete verabschiedet, die handwerklicher Murks sind. Denn Hauptbestandteil ist ein Bürokratiemonster, das alle Bemühungen auffrisst. Ist das ein Wunder? Bei dieser Leyen-Spieltruppe in diesem Bundesarbeitsmysterium? Wie die Regierung ist Sie überfordert, etwas zustande zu bringen, was Hand und Fuß hat.
Na, und überhaupt.

Mark Brandenburger

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