Gericht ebnet Weg zum Bürgerentscheid in Königs Wusterhausen über die Abwahl von Swen Ennullat / Rathausmitarbeiter wenden sich in einem offenen Brief an ihren Chef
Es bedurfte wieder mal eines Gerichtsbeschlusses. Ohne einen solchen geht es in den entscheidenden Fragen der Königs Wusterhausener Stadtpolitik nicht mehr. Genau vier Wochen nach dem Mehrheitsbeschluss der Stadtverordnetenversammlung für einen Bürgerentscheid zur Abwahl von Bürgermeister Swen Ennullat hat es das Verwaltungsgericht Cottbus am vergangenen Freitag abgelehnt, „der Stadt Königs Wusterhausen vorläufigen Rechtsschutz gegen die untere Kommunalaufsichtsbehörde des Landkreises Dahme-Spreewald zu gewähren.“ Der „vom Bürgermeister im Namen der Stadt gestellte Eilantrag sei unbegründet“, so die Erläuterung des Gerichtspräsidenten Thomas Lange. Es sei unstatthaft, einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung über die Einleitung eines Abwahlverfahrens gegen den Bürgermeister zu beanstanden. Die Rechtmäßigkeit des Beschlusses könne nur im Wahlprüfungsverfahren überprüft werden.
Ob die Rathausleitung davon Gebrauch macht, war bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe am Montag-Nachmittag nicht bekannt. Von Seiten der Stadt gab es lediglich die Auskunft, dass man den elfseitigen Gerichtsbeschluss prüfen werde. Ungeachtet dessen teilte das Landratsamt Dahme-Spreewald mittlerweile auf Nachfrage des KaWe-Kuriers mit, dass der per SVV-Beschluss verfügte Termin des Bürgerentscheids am 7. März 2021 einzuhalten sei. Es verweist zugleich darauf, es sei gesetzlich festgeschrieben, dass das Datum innerhalb von zwei Monaten nach Beschluss der Stadtverordnetenversammlung liegen müsse. Weiter heißt es aus der Kreisbehörde: „Nach Kenntnis der Kommunalaufsicht sollte die Veröffentlichung der Bekanntmachung über den Abstimmungstag im Amtsblatt der Stadt Königs Wusterhausen am 10. Februar 2021 erfolgen.“ Das wäre also der heutige Mittwoch. Die Kreisbehörde betont zudem: „Bislang war die Stadt Königs Wusterhausen stets in der Lage, sämtliche Wahlen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene ordnungsgemäß vorzubereiten und durchzuführen. Der Bürger kann daher erwarten, dass die Stadt Königs Wusterhausen als große kreisangehörige Stadt mit ihrer leistungsfähigen Verwaltung – auch unter den besonderen Herausforderungen der Corona-Pandemie – in der Lage ist, einen Bürgerentscheid vorzubereiten und durchzuführen.“
Die Mehrheit der Abgeordneten, die den Bürgerentscheid auf den Weg brachte, forderte schon vor Bekanntgabe des Gerichtsbeschlusses den Bürgermeister dazu auf, den Wahlablauf nicht weiter zu blockieren. „Die Entscheidung liegt in den Händen der Menschen in unserer Stadt und nicht in den Händen des Bürgermeisters“, betonen die Vertreter der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE, Wir für KW/BVO und Bündnis 90/Die Grünen sowie die beiden fraktionslosen Abgeordneten Stefan Lummitzsch und Dirk Marx in einer gemeinsamen Erklärung. „Eine faire, transparente, geheime und ordnungsgemäße Wahl ist das höchste Gut in unserer Demokratie“, erklären sie weiter.
Hinsichtlich des Gerichtsbeschlusses zeigen sie sich erleichtert. Das Verhalten des Bürgermeisters zeige einmal mehr, „dass ihm seine alternative Rechtsauffassung und seine Interessen mehr bedeuten, als das Wohl der Stadt im Auge zu behalten“, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Teresa Nordhaus. Auch die Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Laura Lazarus wird deutlich: „Herr Ennullat sollte der Realität endlich ins Auge blicken. Es ist seine Pflicht, alle notwendigen Maßnahmen zur Durchführung dieses Abwahlverfahrens gegen ihn in die Wege zu leiten. Ein Bürgermeister kann sich seine Rechte und Pflichten eben nicht nach seinen Wünschen gestalten, sondern muss sich an geltende Gesetze und Vorschriften halten.“ Und Katharina Knaack von der SPD-Fraktion meint: „Es ist schon ein enormer Eingriff in unsere politischen Belange als Vertreter unserer BürgerInnen, diesen Bürgerentscheid zum Abwahlverfahren mit aller Macht verhindern zu wollen.“ So kritisieren die Stadtverordneten unter anderem auch den Umgang der Rathausspitze mit der Wahlleiterin, die in ihrer Arbeit durch den Bürgermeister erheblich behindert werde.
Das deckt sich auch mit den Aussagen eines „offenen Briefes an den Hauptverwaltungsbeamten der Stadtverwaltung Königs Wusterhausen Herrn Swen Ennullat“, in dem sich erstmals 25 Mitarbeiter des Rathauses zu Wort melden. Er wurde an den Bürgermeister und die Vorsitzenden der Fraktionen in der SVV, die den Mehrheitsbeschluss zur Abwahl Swen Ennullats auf den Weg brachten, geschickt. Er liegt auch der Redaktion dieser Zeitung vor. Nicht nur der Umgang mit der erfahrenen und zuverlässigen Kollegin wird darin als systematisches Mobbing der Rathausleitung gewertet. Der gesamte Führungstil, der ein Klima aus Angst, Verunsicherung und Willkür erzeuge, wird von den Kollegen gegeißelt. „Wir sind es leid, als ´die Verwaltung´ von Ihnen weiter in unserer Loyalität missbraucht zu werden“, betonen sie in dem Schreiben an den Rathauschef. Die Verfasser des Briefes verwahren sich dagegen, dass der Bürgermeister in einer seiner jüngsten Beanstandungen eines SVV-Beschlusses zum Bürgerentscheid behauptete, es seien die Arbeitsergebnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Entscheidungen der Führungskräfte, für die er kritisiert werde. „Sie werden für Ihre Handlungen kritisiert und das, was Sie unter Missbrauch der Mitarbeiter in der Verwaltung tun“, betonen die Rathausbeschäftigten.
Großer Unmut wird über die Kommunikation im Haus, über den Umgang mit den Abgeordneten und Ortsvorstehern geäußert. Noch einmal wird der über ein Jahr lang nicht eingereichte Haushalt 2020 thematisiert, was letztendlich zu den aktuellen Entwicklungen führte. „SIE haben den Haushalt nicht eingereicht. SIE haben damit der Stadt und Ihren Bürgern wirtschaftlich geschadet!“, schreiben die Rathaus-Mitarbeiter. „Wenn es Corona nicht gäbe, hätten die Bürger und Bürgerinnen viel klarer die schmerzhaften Auswirkungen Ihres Handelns erfahren. Denn viele Veranstaltungen der Stadt hätten sowieso nicht stattfinden können, weil es keine Ausschreibung bzw. Vertragsunterzeichnung gab.“ Abschließend teilen die Kollegen ihrem Chef mit: „Unsere Loyalität gehört der Stadt und ihren Bürgern! Sie persönlich haben diese verspielt.“
RED