Vertonte Ortsgeschichte

Er scheint auf alle Fälle schon mal viel Spaß zu machen, der Klang von Königs Wusterhausen: Rainer Suckow, Christiana Lücke, Monique Ehmke, Max Breetzmann und Wolfgang Lücke (v.l.n.r.) wollen mit Hilfe der Einwohner die Geschichte(n) der Stadt vertonen. Fotos: T. Müller

Zum 100 jährigen Jubiläum der Rundfunkstadt Königs Wusterhausen
fragt ein Projektgruppe die Einwohner der Stadt: Wie klingt KW?

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önigs Wusterhausen – das ist das Schloss, das ist der Nottekanal, das sind die auffallend vielen jungen Leute zwischen Bahnhof und Stadtbrunnen, das sind volle Parkplätze, das ist Baden im See und das ist natürlich auch schon ganz von Weitem auf der Autobahn oder gar im Flugzeug der Sendemast auf dem Funkerberg. Die Bilder vom Altvertrauten sind ganz selbstverständlich im Kopf. Aber wo ist der Ton?

Fünf Königs Wusterhausener, mehr oder weniger alle Kinder oder gar schon Urgesteine dieser Stadt, haben ein spannendes Projekt in Gang gesetzt. Oder sagt man besser in Klang gesetzt? Königs Wusterhausen nennt sich so gern und auch mit Fug und Recht Rundfunkstadt. Aber wie klang und klingt er – dieser Geburtsort des deutschen Radios, von wo vor 100 Jahren zum ersten mal live Musik über den Äther geschickt wurde? Das wollen die Radiomoderatorin Monique Ehmke, Christiana und Wolfgang Lücke vom Kulturbund Dahme-Spreewald, Max Breetzmann von der Sound-Produktionsfirma Urton Music sowie Rainer Suckow vom Förderverein „Sender KW“ aus Anlass des großen Jubiläumsjahres 2020 heraus bekommen. Mit Hilfe der Einwohner wollen sie die Geschichte(n) dieser Stadt vertonen.

„Wie klingt KW?“ fragen sie sich seit einiger Zeit und nun ab sofort auch die Königs Wusterhausener. Selbst haben sie schon rund 150 Töne zusammen getragen – klar gehören da das Vogelgezwitscher am Morgen im erwachenden Tiergarten, die Bahnhofsansage von der einfahrenden S-Bahn, die Orgel in der Kreuzkirche oder der Gong des Kinos Capitol dazu. „Aber wir sind eben nicht nur auf der Suche nach dem Offensichtlichem“, sagt Rainer Suckow, „wir wollen die ganz persönliche Geschichte der Menschen aus allen Ortsteilen hören.“ Als er und Mitstreiter Wolfgang Lücke sich an einem beliebigen Tag in der Innenstadt trafen und gegen den Geräuschpegel der Autos, der plappernden Kinder und des Glockenschlags vom Kirchturm anredeten, setzte sich bei ihnen die Idee zwischen die Ohrmuscheln: Lass uns den Sound unserer Stadt erkunden. Zusammen mit den Profis von Urton Music und der Radiojournalistin produzierten sie ein erstes kleines Klangkompendium, mit dem sie nun auf der Internetseite www.wie-klingt-kw.de die Königs Wusterhausener dazu einladen, selbst ihre Lauscher in den Alltag zu richten. „Ich war zum Beispiel vor kurzem in Kablow unterwegs“ erzählt Wolfgang Lücke, „es war still, nur der Wind über dem See säuselte ganz sacht. Wir sind uns aber sicher, dass die Kablower selbst ihre Ohren viel näher am Ort haben und einige Töne mehr liefern können.“ Ähnlich sei es ganz bestimmt mit allen anderen Ortsteilen, wobei die „Tonjäger und -sammler“, wie sie sich selber mit einem Schmunzeln nennen, auch neugierig sind auf typische Geräusche, die möglicherweise längst aus dem Klangbild verschwunden sind und vermisst werden. „Wir sind über jede Art der Kontaktaufnahme dankbar“, sagt Monique Ehmke, „die Leute können selber etwas aufnehmen mit dem Handy, mit dem Mikrofon. Sie können uns aber auch gern einladen vorbeizukommen und uns gleich noch ihre ganz persönliche Geschichte dazu erzählen. Ich verspreche, ich habe ein Ohr dafür“, sagt die junge Frau, die in Zernsdorf groß geworden ist. Denn Ziel der ambitionierten Klangbildner ist es, aus jedem Ortsteil eine oder mehrere Geschichten zu erzählen, ein Hörspiel im besten Sinne des Wortes über das Königs Wusterhausener Leben im Einst und Jetzt zu komponieren. „Wir werden mit unseren technischen Möglichkeiten alles so aufbereiten, dass es dann zum Jubiläum im nächsten Jahr auf den verschiedensten Wegen in hoher Qualität verbreitet werden kann“, verspricht Max Breetzmann.

Die Uraufführung wird natürlich – wie einst vor 100 Jahren das ­legendäre Weihnachtskonzert der Postangestellten – vom Funkerberg aus in die Welt gehen. Die Welle370, das Radio des Fördervereins ­„SenderKW“, wird das ­Klanggemälde ­ausstrahlen. Ein Sendetermin steht auch schon fest. Am 7. Juni 2020 ist Audiotime in Königs Wusterhausen und darüber hinaus. Denn parallel werden auch zahlreiche weitere Anstalten den Sound von KW ins Programm nehmen. Die Gespräche darüber laufen schon. Damit er nicht einfach so verhallt, wird der Rhythmus der Stadt auch auf den verschiedensten Tonträgern verewigt, wobei – wie es sich für einen Museumsverein gehört – auch die gute alte Kassette noch einmal zu ihrem Recht kommen soll.

Ab sofort ist die Projektgruppe nun auf die Resonanz der Bevölkerung gespannt. Denn auch das haben die Initiatoren bedacht – die Jahreszeiten kommen und gehen und mit ihnen auch die süßen Flötentöne des Sommers oder das Knirschen des Eises unter den Kufen des Schlittschuhs. In diesem Sinne fängt der frühe Vogel auch den seltenen Akkord. Über die Emailadresse projekt@wie-klingt-kw.de kann jeder selbst zum kreativen Soundgestalter werden. Unter der Rufnummer 0151/70015711 kann telefonisch, per sms oder whats app Kontakt aufgenommen werden. Und auch auf dem Postwege ist es möglich, den Ton auf die rechte Spur zu bringen. Die Adresse lautet: Wie klingt KW? Förderverein „SenderKW“ e.V., Funkerberg 20, Senderhaus 1, 15711 Königs Wusterhausen. Das gesamte Vorhaben ist auf der Internetseite www.wie-klingt-kw.de im Detail vorgestellt. TM