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Sonntag, Dezember 10, 2023
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Von wegen bleierne Zeit

Die Redaktion des KaWe-Kuriers blätterte in den Ausgaben des Jahres 2021 und stellt fest: Corona war und ist nicht alles, was LDS ausmacht

Was war das nun eigentlich für ein Jahr 2021? Ein zweites bedrückendes Coronajahr nach dem Motto „… und täglich grüßt das Murmeltier“? Immerhin garniert mit einem Regierungswechsel nach einer 16jährigen Ära Angela Merkel. Ansonsten nichts Neues? Die Hoffnungen auf den Aufbruch und eine Aussicht in eine Zeit nach Corona schon wieder verpufft? Bleierne, stehengebliebene, verlorene Zeit?

Mitnichten! Ein Blick in die Ausgaben des KaWe-Kuriers von 2021 offenbart für die kleine Scholle des Landkreises Dahme-Spreewald ein überraschend vielfältiges, aufregendes Jahr mit Umbrüchen, Enttäuschungen, Zuversicht und dem erfreulichen Fazit: LDS – das entwickelt sich trotz Krise und Rückschlägen. Wir stehen nicht da, wo wir vor einem Jahr standen, als der fehlende Impfstoff, die fehlenden Masken, geschlossene Schulen die Themen der Stunde waren. Auch wenn 2022 noch mal mit dramatischen Schlagzeilen beginnt – es gibt die Überzeugung, dass es einen Weg aus dem Corona-Dilemma gibt und es gibt eine stille Mehrheit, die diese schwierige, nach wie vor komplikationsreiche Strecke auch mitgeht: Solidarisch sein, Abstand halten, testen, testen, impfen, impfen!

Auch wenn es im oftmals lauten Disput unterging – die totgesagte Gemeinschaft lebte auch 2021, als aus Mangel eines raschen Reagierens des Staates mitten aus der Bevölkerung Tablets und PC fürs Homescooling der Schüler noch und nöcher herbeigeschafft wurden, als Sportvereine ihre Truppen auf vielen Internetwegen zusammnehielten, als Einkaufsgutscheine die Händler über Wasser halten sollten und insbesonders private Gelder für in Not Geratene flossen. Und das, da der politische Streit in Königs Wusterhausen die Stadt geradezu lähmte, da städtische Hilfsfonds über Monate blockiert waren. Aber auch dafür hat die Gesellschaft, hat die Demokratie nach langem qualvollen Ringen einen Weg gefunden. Fürs hiesige Klima die vielleicht wichtigste Wahlentscheidung des vergangenen Jahres – in Königs Wusterhausen wird seit einem knappen halben Jahr wieder im notwendigen kontroversen Dialog sachliche, solide Kommunalpolitik gemacht. Zur Erinnerung – das war der Wille von 52,6 Prozent der Königs Wusterhausener.

Auch in Wildau hat sich im Zuge der Korruptionsvorwürfe gegen die amtierende Bürgermeisterin eine starke Bewegung formiert, die Veränderungen herbei führen will. Wobei es nun nach vielen Ungereimtheiten um das infrastrukturelle Großprojekt Dahmeufer Nord, um Kitaneubau und Schulerweiterung oder um die Bedrängnis eines beliebten sozialen Treffs um den Rathausstuhl selbst geht. Ein demokratischer Prozess ist in Gang gesetzt worden, der Ausgang ist offen. Schon jetzt aber steht fest – mundtot muss sich in diesem Lande niemand fühlen oder machen lassen.

Dies ist sogar auch den vom vergangenen Jahr am stärksten gebeutelten Berufsgruppen der Region sozusagen in einem „Sommerfenster der kulturellen Befreiung“ gelungen – den Künstlern, der Veranstaltungsbranche, den Gastronomen, die ihren Gästen die Musik an die herausgestellten Tische brachten. Festivals wie das Bergfunk Open Air in KW oder das Zernsdorfer Summers End, die klassische Oper, Alte Musik in Konzertsälen, die kleine künstlerische Form und musikalische Andacht in den Kirchen, ein befreiendes Lachen beim Kabarett, ein kräftiges Durchatmen auf dem Spreewaldkahn vor der zeitgenössischen Kunst der Aquamediale, die sorgsame Pflege des sorbischen Erbes: Der kulturelle Reichtum des Landkreises trotzte wenigstens einen Sommer lang den Corona-Widrigkeiten. Er wird weiter leben und dieses neue Jahr mit all seiner Emotionalität bereichern!

Genauso der Sport. Der Vize-Pokalsieger Netzhoppers KW-Bestensee bereitete nicht nur den Volleyballfans der Region eine Sternstunde. Die Basketball-Frauen und -Herren der Red Dragons schüren die Hoffnungen auf einen neuen sportlichen Leuchtturm des Landkreises. Und ob es Leichtathletik oder Caporeira in KW, Segeln in Zeuthen, Tischtennis in Wildau, Fußball in Senzig, Reiten in Friedersdorf ist – die Sportlerfamilie zeigte sich mit Erfindungsgeist und Leidenschaft auf den Plätzen und in den Hallen und auch wieder beim Feiern im Festsaal. Das Gleiche gilt für die Kommunen. Heidesee offenbarte bei seiner Landpartie ein facettenreiches Gesicht von 35 Gastgebern. Königs Wusterhausen entdeckte auf der Streuobstwiese im ­Tiergarten den besonderen Reiz für ein ­naturnahes Zusammensein in der Gemeinschaft. Auf dem Kolberg wurde ein fast vergessener Ort wieder sichtbar gemacht. Überhaupt spricht es für die Vielfalt des Landkreises, dass auch seine natürlichen Schätze im Naturpark Dahme-Heideseen, im Landschaftspark Lieberose oder in Sielmanns Naturlandschaften immer mehr gehoben und für die Dahmeländer erlebbar gemacht werden.

Als ob es schon zu viel Leichtigkeit des Sommers gewesen sei, überschwemmte über Nacht eine nie dagewesene Flutwelle Teile im Westen des Landes. Momenten des Entsetzens und der Ratlosigkeit folgte wieder – die Solidarität! Auch der Landkreis Dahme-Spreewald, die Stadt KW und weitere Kommunen schickten Helfer nach Neuenahr, nach Rheinsbach und nach Sinzig. Orte, die vielleicht manch einer aus dem Urlaub kennt, sonst aber nicht geläufig sind. Es wurden Spendenkonten eingerichtet, Hilfskonvois mit dringend benötigter Technik zusammengestellt. Auch Seelsorger machten sich auf den Weg. Selbst als das Dahmeland schon die Gemütlichkeit des Advents besang, kamen Helfer mit Berichten von einem noch immer geschundenen Land nach Hause.

Von LDS spricht derweil niemand von einem darnieder liegenden Landstrich. Der Kreis boomt ohne Ende. Im Prinzip von der ersten bis zur letzten Woche des vergangenen Jahres tickerten die Nachrichten von Wohnfeldentwicklungen und Gewerbeansiedlungen hinein. Schönefeld plant und ordnet und baut an allen Ecken, Königs Wusterhausen füllt seinen Funkerberg, seinen Hafen und die Stadtmitte mit attraktiven Projekten, in Wildau lassen sich Hochtechnologie, das RKI und Fraunhofer nieder, eine Traditionsfirma wie die Seramum Diagnostica GmbH in Wolzig festigt ihren Standort, Gewerbegebiete in Mittenwalde und Bestensee füllen sich. Der Betrieb von E-Schiffen und E-Zügen ist in Vorbereitung, die Busgesellschaft setzt auf Wasserstoff. Zwischen BER und TESLA kommt kein Mensch auf die Idee, von einer bleiernen, verlorenen Zeit zu reden. Torsten Müller

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