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Donnerstag, September 28, 2023
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Wald oder Senioren-Wohnen

Ist die Schütte-Lanz-Straße in Zeesen der falsche Ort für eine gutes Projekt oder doch der richtige Platz für einen Kompromiss?

Ist es der falsche Ort für ein an sich tolles wohldurchdachtes Projekt? Oder ist es genau der richtige Ansatz, um ein ungeordnetes Stück Stadt von Königs Wusterhausen endlich zu gestalten und dabei zugleich ein drängendes soziales und demografisches Problem anzugehen – um also gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen? In der Zeesener Schütte-Lanz-Straße kulminiert derzeit die Frage „Wald oder Seniorenwohnen“, steht doch dazu für den 7. September eine Entscheidung in der Stadtverordentenversammlung von KW an.

Folgt man der Bürgerinitiative „Wald in der Schütte-Lanz-Straße“ ist die Sache klar. Der Wald darf nicht angetastet werden. Es sind beileibe nicht nur Bewohner der in der Nachbarschaft lebenden kleinen Siedlung Kronenhöfe, die so denken. Forstbehörde und Umweltverbände argumentieren, dass die klimatischen Funktionen der in Rede stehenden knapp zwei Hektar Mischwaldfläche schwerer wiegen als der unbestrittene Bedarf an alternativen Wohnformen für die Generation 65 plus. „Es geht mir nicht um meine Ruhe, wie uns immr wieder unterstellt wird“, sagt zum Beispiel Benedikt Augustin, der mit seiner Familie in den Kronenhöfen wohnt. Sie wohnt auf der Seite der Siedlung, auf der im Rahmen der Gesamtenwicklung des ehemaligen Geländes der Sowjetarmee Einzelhandel und Seniorenwohnngen geplant waren. „Wir wollten das und hätten damit gut leben können“, so Benedikt Augustin. Die Stadt lehnte dieses Teilprojekt letztlich ab. Die Fläche ist noch immer unbebaut. Inzwischen heißt es, dass ein neuer Investor dort Geschoßwohnungen plant. Von bezahlbarem Wohnraum für die ältere Generation, insbesondere die Zeesener, die ihr Häuschen aufgeben und in eine kleinere, besser beherrschbare Wohnung ziehen wollen, ist keine Rede mehr.

Benedikt Augustin ­ärgert, dass die Hände, die der Stadt gereicht werden, regelmäßig von ihr ausgeschlagen würden. Das gelte auch für andere ­alternative Flächen. „Die Stadt macht ihre Hausaufgaben nicht, es gibt kein schlüssiges Entwicklungskonzept für die vorhandenen Brachflächen, mit dem von innen heraus etwas gestaltet wird “, so Benedikt Augustin. Statt dessen herrsche Flickschusterei, dem nun auch noch das letzte zusammenhängende Stück Stadtwald geopfert werde. „Für uns kann es keinen Kompromiss geben“, sagt denn auch Lothar Spiller im Namen der Bürgerinitiative. „Wir wollen nicht das Seniorenwohnen verhindern. Wir wollen verhindern, dass in diesen Zeiten noch Wald in Bauland umgewandelt wird.“

Seit rund drei Jahren arbeitet die Architektin und Stadtplanerin Claudia Bley, die auch Miteigentümerin des Waldes ist, an dem Konzept eines Seniorendorfes. Da es an der Karl-Liebknecht-Straße nicht zum Bau der Seniorenwohnungen gekommen ist, wurde die Waldfläche zwischen der Siedlung Kronenhöfe und den Plattenbauten an der Schütte-Lanz-Straße ins Auge gefasst. Die Anlage sieht gut 100 Wohnungen in verschiedenen Größen und mit unterschiedlichen Wohnformen – zum Beispiel auch Senioren-Wohngemeinschaften – vor. „Wir wollen eine solidarische Gemeinschaft entwickeln, in der nach dem Prinzip der Nachbarschaftshilfe gelebt wird“, sagt Claudia Bley. Es sind Gemeinschaftsräume vorgesehen und ein Grünateil von gut 50 Prozent der ­Fläche. Die Mietpreise sind mit zehn Euro pro Quadratmeter ­kalkuliert, damit bewege man sich auf dem Niveau der Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft. Das sei für den Bereich des selbständigen Seniorenwohnens ein fairer, erschwinglicher Preis. „Ja es geht um ein Stück Wald, das wir beanspruchen müssen“, sagt Claudia Bley, „das war und ist uns über den gesamten Planungszeitraum bewusst. Das haben wir sehr ausgewogen und sorgfältig bedacht. Wir haben sehr viel Herzblut in das Projekt gesteckt und in den letzten drei Jahren natürlich auch gemeinsam mit der Stadt Alternativflächen betrachtet. Es hat sich keine ergeben.“ Das bestätigt auch die Stadtverwaltung, die das Zeesener Seniorenndorf stets begrüßt und die Planung entsprechend mit begleitet und voran getrieben hat. Brachflächen in derartiger Größe gäbe es schon im Innenstadtbereich, räumt Stadtkämmerer Axel Böhm ein. „Aber auf die haben wir keinen Zugriff. Wir können nicht über Grundstücke reden, die uns nicht gehören und für die uns keine Angebote von Eigentümern und potentiellen Investoren vorliegen“, sagt er.

Mittlerweile steht auch das Angebot der Projektentwickler, an der Schütte-Lanz-Straße einen noch breiteren Waldstreifen zwischen den Kronenhöfen und dem neuen Seniorendorf zu erhalten. Statt 5000 Quadratmeter könnten dann rund 8000 Quadratmeter an Bäumen stehen bleiben. „Im übrigen werden die 130 Hektar Wald, die sich dort an der Straße hinter der Plattensiedlung anschließen und im Außenbereich liegen, natürlich nicht angetastet“, betont die Architektin Claudia Bley. Sie hofft noch immer auf eine Verständigung mit den Kritikern und auf eine sachliche Erörterung des Für und Wider in der Stadtverordnetenversammlung. Auf alle Fälle wolle sie weiter für ihr Projekt kämpfen und werben – und das auch über die Stadtgrenze hinaus in Nacbargemeinden. Das freilich wäre dann ganz sicher für viele Königs Wusterhausener oder Zeesener Senioren der falsche Ort. TM

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