
Von der universellen Kraft des Wanderns: Müll sammeln, Wege pflegen, Natur genießen, Ideen ausbrüten
In den Wildauer Lausebergen machte es jüngst „WuMs“ Was sich nach vergnügtem, lautstarken Happening anhört, ist eine überaus sinnstiftende und umweltbewusste Laufdisziplin: Wandern und Müll sammeln heißt sie. Mit dieser Devise begab sich ein bunt gewürfelter Haufen von knapp 20 Frauen, Kindern und Männern auf Schusters Rappen, um entlang einer rund sieben Kilometer langen Strecke zwischen Wildau und Königs Wusterhausen das aufzuspießen und einzusammeln, was sie die ungebetenen Wald- und Wiesenbewohner nennen.
Ausgerüstet mit Müllsäcken, Bollerwagen, Hängern, Greifern, Handschuhen und einer gehörigen Portion Motivation marschierten die ungewöhnlichen Wandervögel vom Wildauer Seniorenheim über Goethebahn und Funkerberg bis zur Köpenicker Straße in Königs Wusterhausen, um dann schließlich durch die malerischen Lauseberge wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Weniger malerisch war allerdings die Ernte, die die von Stefanie Grüber und Tom Küsel vom Verein Abfallstreife Königs Wusterhausen sowie dem neuen leitenden Wanderwegewart im nördlichen Landkreis Norman Siehl angeführte Truppe einfuhr: Sage und schreibe 80 Kilogramm Müll kamen innerhalb von rund dreieinhalb Stunden zusammen. „Sonst rechne ich ja auf meinen Touren mit einem Schnitt pro Kilometer von gut zehn Minuten“, sagt der Wildauer Norman Siehl, „dieses Mal waren es 12,3 Kilogramm Siedlungsmüll.“ Und dabei konnte der ansonsten überaus frohgemute und leidenschaftliche Wandergeselle gar nicht lachen. „Ich möchte mich noch einmal ausdrücklich beim Verein Abfallstreife für seine Unterstützung bedanken“, so der 44jährige. Der Verein stellte nicht nur die benötigten Utensilien bereit, sondern organisierte auch die ordnungsgemäße Abgabe des Mülls auf dem Recyclinghof Niederlehme des Südbrandenburgischen Abfallzweckverbandes (SBAZV). Die Abfallstreife ist regelmäßig in Wald und Flur der Dahme-Seen-Region auf Mülljagd. „Wer sich bei uns engagieren will, ist herzlich willkommen“, lädt Tom Küsel weitere Mitstreiter dazu ein, sich gleichzeitig aktiv in geselliger Runde zu erholen und dabei auch noch Nützliches zu tun. Der Verein ist übrigens auch mit Tauchausrüstung in den Gewässern zum Schutz der einheimischen Flora und Fauna im Einsatz.
Auch Norman Siehl, der ehrenamtliche Wegewart in Diensten des Tourismusverbandes Dahme-Seen, verspricht für sein „Hausrevier“ rund um Wildau weitere derartige Aktionen. „Ich bin auch gern bereit, Initiativen in anderen Orten zu helfen und entsprechende Kontakte zu vermitteln“, sagt er. Denn für ihn ist das Wandern ein unermesslicher Quell an Lebenslust und Lebensqualität, so dass es sich sowohl für Mensch als auch Natur lohnt, sich um eine entsprechende Infrastruktur mit gut gepflegten und ausgeschilderten Wegen zu kümmern. „Wir haben mit dem wasser- und waldreichen Dahmeland einen Schatz direkt vor unserer Haustür“, sagt der freiberufliche Umweltingenieur, der in Wildau und Königs Wusterhausen aufgewachsen ist. „Ich fand es immer toll, mit meinen Dauercamper-Eltern so viel Zeit wie möglich draußen in der Natur zu verbringen.“
Das hat ihn geprägt und schon in jungen Jahren zum leidenschaftlichen Wandersmann gemacht. Und zwar zu einem, der gern auch ein Häppchen mehr an Strecke und Landschaftsprofil verträgt. Norman Siehl gehört zur Spezies der 100-Kilometer-Wanderer. Innerhalb von 24 Stunden müssen – oder besser gesagt wollen – diese Gipfelstürmer über Stock und Stein, durch Berg und Tal, bei Tag und bei Nacht von Null auf Hundert kommen. „Das klingt verrückt, aber wenn du einmal in der Gemeinde drin bist, lässt sie dich nicht mehr los“, sagt der Marathon-Mann, der gerade für seinen nächsten Höllenritt im Juni durch die Jenaer Kernberge trainiert. Er hat ihn schon geschafft, er hat aber auch schon aufgeben müssen. „Dieses Mal soll es wieder klappen“, sagt er. Deswegen legt er derzeit mindestens einmal pro Woche die rund 20 Kilometer Arbeitsweg von seinem Betrieb in Berlin-Adlershof zum Wildauer Familienheim zu Fuß zurück. „Ein Stück geht es durch die Stadt, aber dann ist es auch ein toller Weg durch das Grün der S-Bahn-Gemeinden“, schwärmt der Ausdauer-Wanderer. Er hat zum Glück eine Frau, die seine Leidenschaft teilt und sich auch schon an 50-Kilometer-Märschen probiert. Und selbst die Teenager-Kinder schließen sich hin und wieder ganz freiwillig in der Vorfreude auf gute Elterngespräche Vater oder Mutter auf kürzeren Wegen an.
In diesem Sommer wird Norman Siehl aber nicht nur wandernd trainieren, Müll sammeln oder die Familienbande pflegen. Er wird auch öfters mit seinem gut ausgestatteten Farb- und Materialköfferchen entlang der Dahme-Seen unterwegs sein, um neue Wanderwege zu markieren oder bereits bestehende zu hegen und zu pflegen. Gemeinsam mit den ehrenamtlichen Wegewart-Kollegen aus anderen Gemeinden soll in diesem Jahr das lang verfolgte Projekt des Paul-Gerhard-Weges endlich zur Vollendung gebracht werden. Die Route auf den Spuren des Kirchenlied-Dichters von Berlin über Mittenwalde nach Lübben führt genauso durch sein Wildauer Hausrevier wie der Fontaneweg. Der wird anlässlich des 200. Geburtstages des märkischen Wanderliteraten im kommenden Jahr ebenfalls zum Teil neu konzipiert und beschildert. Und dann hat der 100-Kilometer-Mann auch noch die Vision, im nächsten Jahr das erste Dahmeländer Marathon-Projekt zwischen Königs Wusterhausen und Teupitz zu kreieren. Es ist wohl so, dass dem Wandersmann Norman Siehl mit jedem Schritt auch eine neue Idee kommt. TM
Informationen zur Arbeit der Wanderwegewarte gibt es beim Tourismusverband Dahme-Seen unter www.dahme-seen.de. Kontakt zum Verein Abfallstreife e.V. unter www.abfallstreife.de.