Direktkandidaten für den Bundestag auf dem Prüfstand
Wirtschaft fragt Politik – Direktkandidaten auf dem Prüfstand hieß es am 7. September in der Veranstaltungsreihe des „Forum Mittelstand“ der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Dahme-Spreewald (WFG). Direktkandidatinnen und Direktkandidaten zur Bundestagswahl 2017 für den Wahlkreis 62 waren eingeladen, um ihre Ansichten und Vorhaben für die weitere wirtschaftliche Entwicklung in der Region darzulegen. Von den 120 angemeldeten Gästen haben leider doch nur ca. 60 den Weg in den Hörsaal der Halle 14 in der Technischen Hochschule gefunden. Prof. Dr. László Ungvári, Präsident der Technischen Hochschule Wildau, begrüßte als Gäste zur Podiumsdiskussion: Jana Schimke (CDU), Sylvia Lehmann (SPD), Carsten Preuß (DIE LINKE), Dietmar Ertel (AfD), Dr. Gerhard Kalinka (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Rico Kerstan (FDP), Guido Körber (Piratenpartei). Moderiert wurde die Veranstaltung von Karla Kniestedt vom rbb.
Udo M. Strenge vom Vorstand der Interessengemeinschaft Mittelständische Wirtschaft e.V. sagte zur Eröffnung: „Auffällig in allen politischen Wahlprogrammen sind minimale Unterschiede, fast immer Übereinstimmungen und folgende Schlagworte: Bürokratieabbau, Steuern (Senkungen), Unternehmensgründungen stärken, Wirtschaft 4.0, Investitionen und über allem steht das große Bekenntnis – Der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft.“
Eines soll an dieser Stelle vorweggenommen werden. Nachdem sich die Diskussion durch die verschiedenen Themen gearbeitet hatte, konnte Guido Körber (Piratenpartei) sich einer Wertung nicht enthalten: „Ich finde es immer faszinierend, wie CDU und SPD es schaffen, es darzustellen, dass sie doch endlich mal an die Regierung kommen müssen, um die Dinge umzusetzen.“ Das charakterisiert die Diskussion und dafür gab es Beifall aus dem Publikum.
Für Jana Schimke (CDU) stehen die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur und in die digitale Infrastruktur für die nächsten Jahre im Mittelpunkt der Dinge, die mit den Entscheidungen auf Bundesebene realisiert werden müssen. Sylvia Lehmann (SPD) fordert vom Bund als Miteigentümer des BER ein stärkeres Engagement. In diesem Zusammenhang fordert Carsten Preuß (DIE LINKE) eine Lösung des Problems des Nachtflugverbotes am BER. Für Dietmar Ertl (AfD) ist der Bund besonders in den strukturschwachen Gebieten gefordert, weil hier sehr viel Potential steckt. Für Dr. Gerhard Kalinka (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) muss es einen geregelten Ausstieg aus der Braunkohle geben und die Industrieinfrastruktur erhalten und modernisiert werden. Er fordert ebenfalls, dass der Bund seine Haltung zum Nachtflugverbot am BER ändern muss. Rico Kerstan (FDP) setzt auf eine Bildungsoffensive und eine Entbürokratisierung der Rahmenbedingungen für die Unternehmen. Guido Körber (Piratenpartei) sieht beim flächendeckenden Breitbandausbau den Bund in der Pflicht.
Zum Thema „Bürokratie“ fasste Moderatorin Karla Kniestedt die Diskussion in den letzten Jahren zusammen: „Was wir alle nicht verstehen: Jahr für Jahr, Wahlperiode für Wahlperiode, schon als der Petticoat noch am Start war, ging es schon um Bürokratieabbau.“ Jana Schimke (CDU) war dazu der Meinung, dass in der letzten Legislaturperiode mehrere Bürokratieabbaugesetze verabschiedet wurden. In einem waren sich alle einig: „Es ist gut, dass wir Regeln haben, es ist schlecht, wenn es zu viele und komplizierte Regeln sind“, wie es Guido Körber (Piratenpartei) formulierte.
Für ein Einwanderungsgesetz sprachen sich, außer Jana Schimke (CDU), alle Diskussionsteilnehmer aus. Carsten Preuß (DIE LINKE): „Wir wollen ein Einwanderungsgesetz, dass nicht nur daran ausgerichtet ist, Fachkräfte zu holen. Wir wollen andere Länder nicht in Schwierigkeiten bringen, weil wir dort Fachkräfte abziehen.“ Dr. Gerhard Kalinka (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Dietmar Ertl (AfD) wollen ein Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild.
Auf eine Zwischenfrage von Carla Kniestedt an Dietmar Ertl (AfD), „Wie finden Sie Björn Höcke?“, antwortete dieser: „Wenn Björn Höcke irgendetwas gemacht hat, was in irgendeiner Art und Weise volksverhetzend oder strafbar ist, muss er aus der Partei ausgeschlossen werden. Punkt.“
Jana Schimke (CDU) hat seinerzeit gegen die Einführung eines Mindestlohnes gestimmt und will jetzt „eine Reihe von bürokratischen Regelungen, die uns leider das SPD geführte Ministerium so vorgelegt hat, abschaffen.“ Für die Beibehaltung des Mindestlohnes sprachen sich die anderen Diskussionsteilnehmer aus.
Grundlegende Reformen sind im Bildungssystem, in der Arbeitswelt, bei den Steuern notwendig. Rico Kerstan (FDP) ist für die Einführung eines „Bürgergeldes“. Dietmar Ertl (AfD): „Man muss dringend über ein Grundeinkommen nachdenken.“ Carsten Preuß (DIE LINKE) „Im Wahlkampf versprechen alle vieles. Was man tatsächlich angehen muss, ist eine Steuerreform. Vermögenssteuer, Millionärssteuer, Unternehmenssteuer.“ Um die Kleinstaaterei im Bildungswesen abzuschaffen, will Sylvia Lehman (SPD) das Grundgesetz ändern.
Bleibt zu hoffen, dass sich in den nächsten vier Jahren in diesem Land wirklich etwas ändert! MT