Regenerative Energieerzeugung ist ein Schlüssel
im Kampf gegen den Klimawandel – auch in unserer Region
Seit den Fridays-for-future-Demonstrationen sind die Erzeugung und der Einsatz von regenerativen Energien wieder ein hochaktuelles Thema – auch in unserer Region. Beim Umstieg auf erneuerbare Energien könnten wir aber schon viel weiter sein und fast jeder könnte dazu beitragen! In seinem Gastbeitrag für den KaWe-Kurier beschreibt Matthias Köpke von den BEV-Ingenieuren und der Tiefgang GmbH, welche Chancen bisher verpasst wurden und wie fast jeder Hausbesitzer, Firmeninhaber oder jede Kommune zu mehr umweltfreundlichen Energieeinsatz beitragen kann.
Photovoltaik in den 2000er Jahren – der Beginn
Als wir 2001 unsere Idee einer Photovoltaikanlage als Ergänzung der thermischen Solaranlage über das 100.000-Dächerprogramm umsetzen konnten, war die Resonanz in den Medien sehr groß. Viele Interessenten kamen und bewunderten die Anlage mit der vollen Ausrichtung nach Süden auf dem Satteldach unseres Holzhauses im Königs Wusterhausener Ortsteil Senzig.
Die Anlage haben wir damals für stolze 33000 DM (16500 Euro) bauen lassen. Die Ertragsberechnung ergab eine Reinvestitionszeit von 16 Jahren. Dabei wurde eine Einspeisung von 2400 kWh pro Jahr angenommen. Die Einspeisevergütung nach dem EEG beträgt bis 2021 0,51 Euro/kwh.Unser Hausverbrauch hat sich seit 2001 von 3500 auf 2600 kWh verringert. In den letzten beiden Jahren wurde dank der Supersommer mit über 2.600 kWh sogar mehr Energie erzeugt als verbraucht.
Damals hatten wir gehofft, dass viele Hausbesitzer diesen Schritt gehen und ihre Dächer zur Stromerzeugung nutzen. Unsere Firma, die BEV Ingenieure GmbH aus Königs Wusterhausen, hat auf Basis der Erkenntnisse als Gemeinschaftsprojekt mit der Schulzendorfer Elektro GmbH und der Wärmeversorgung Königs Wusterhausen je eine Photovoltaikanlage auf der Grundschule in Schulzendorf (2006) und der Herder-Schule in Königs Wusterhausen (2004) errichtet. Beide Anlagen laufen zuverlässig. Der BEV-Anteil an der erzeugten Energie liegt bei rund 16000 kwh pro Jahr. Das entspricht etwa unserem Energieverbrauch im Büro in Königs Wusterhausen.
Was hat sich im geschäftlichen Umfeld getan?
Ernüchterung!
Viele Kommunen haben Studien zur Nutzung der Photovoltaik in Auftrag gegeben, die Umsetzung aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht weiterverfolgt. Zahlreiche Kommunen und Firmen verfügen über große Dachflächen, aber nur wenige setzen – trotz stark gefallener Preise – PV-Anlagen zur Eigennutzung ein. Dabei ist heute bereits die Energieerzeugung aus PV-Anlagen zwischen 0,1–0,12 Euro/kwh wirtschaftlich möglich. Das trifft vor allem auf große Stromverbraucher wie Wasserwerke, Kläranlagen, Krankenhäuser und Kliniken sowie Industriebetriebe, aber auch auf Schulen und Rathäuser zu. Dabei spielt die Dachausrichtung durch weiterentwickelte PV-Technik nicht mehr die entscheidende Rolle. Von Ost-, West- und natürlich Südausrichtung ist vieles möglich und verbessert beim Eigenverbrauch auch das zeitliche Energieangebot. Außerdem hat sich die Speichertechnik deutlich verbessert. Das Land Brandenburg fördert die Eigennutzung, weil dadurch die Netze entlastet werden.
Ein sehr positives Beispiel ist die PV-Anlage auf der TH Wildau, die 2011 von unserem Büro geplant wurde. Bei einer ständigen Grundlast von 200 kW erzeugt die Anlage maximal 130 kW, wodurch die gesamte erzeugte Energie das Hochschulgelände nicht verlässt und somit die Netze nicht belastet.
Und im privaten Bereich? Enttäuschung!
Viele nehmen Greta und die Jugendbewegung nicht ernst, ohne über ihre eigene Handlungsweise nachzudenken. Wenn ich auf das Luftbild in meinem privaten Wohnumfeld schaue, reibe ich mir die Augen. Die Zahl der privaten Swimmingpools ist deutlich höher als die der Solardächer. Und die verbrauchen wieder zusätzlich Energie und Wasser. Es wird lieber ein Auto mit hohem Spritverbrauch angeschafft und gleichzeitig über steigende Strompreise gejammert. Zur Gewissensberuhigung wechselt man jedes Jahr auf den üblichen Portalen den Stromanbieter und bezieht Energie aus regenerativen Quellen.
Wie schräg ist das denn: How Dare You!
Dabei ist die Eigenstromerzeugung bei den stark gefallenden Preisen für PV-Anlagen schon ab wenigen Tausend Euro möglich und die Anlagen sind hocheffektiv geworden. Eine mit unserer PV-Anlage vergleichbare Anlage würde nur noch rund 4000 Euro kosten und statt 2400 kwh pro Jahr 3400 kwh pro Jahr erzeugen. Ein Viertel der Kosten bei 40 Prozent mehr Energieerzeugung. Kann das ein Swimmingpool oder der SUV leisten?
Die Gründung der Tiefgang GmbH
Da die Photovoltaik und andere energetische Projekte bei BEV auf Grund der positiven Geschäftsentwicklung nicht ausreichend bearbeitet werden konnten, haben wir mit 3 Partnern die Tiefgang GmbH gegründet.
Sie ist als Ingenieurskanzlei mit den Themenschwerpunkten Energieeffizienz, Energiegewinnung und -rückgewinnung gegründet worden. Der Firmensitz ist am Amtsgarten 10 in Königs Wusterhausen.
Bereits im Bau befindet sich die von BEV-Ingenieuren geplante Schlammfaulungsanlage auf der Tandemkläranlage Zossen, die nach Fertigstellung eine Energieeinsparung von rund 1 Million kwh pro Jahr aufweisen wird. Für diese Anlage wurde durch die maßgebliche Mitwirkung der Tiefgang GmbH eine Förderung von 80 Prozent der Investitionssumme von ungefähr 5 Millionen Euro erzielt.
Weitere bereits realisierte Objekte sind die energetische Umrüstung von Pumpwerken und wasserwirtschaftlichen Anlagen in Bad Saarow, Zeuthen und Königs Wusterhausen.
Zurzeit werden zahlreiche Projekte wie die Abwasserwärmenutzungsanlage der neuen Gesamtschule im Zossener Ortsteil Dabendorf sowie Photovoltaikanlagen auf 3 Kläranlagen und 4 Wasserwerken planerisch vorbereitet. Weitere Objekte in ganz Brandenburg sind in Vorbereitung.
Durch diese Anlagen wird ein deutlicher Beitrag zur Wirtschaftlichkeit sowie zur CO2-Reduzierung geleistet.
Energieerzeugung aus regenerativen Quellen ist nicht nur für die Umwelt gut, sondern auch für die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens, einer Kommune oder eines Privathaushaltes. Woran keiner vor 20 Jahren gedacht hat, ist nun eingetreten – es haben aber bisher zu wenige bemerkt!
Jeder kann zur Energiewende und damit wirtschaftlichen Entwicklung beitragen. Für Nichtstun oder „zu teuer“ gibt es heute keine Ausreden mehr.
T: M. Köpke, Geschäftsführer von BEV und Tiefgang; F: BEV-Ingenieure