Wo sind sie geblieben?

Ja, es ist Winterszeit. Man tüdelt sich warm an und auch unsere märkischen Schönen halten sich bis auf die auf der letzten Seite im KaWe-Kurier doch ziemlich bedeckt, belasten unser Denken eigentlich nicht sehr. Eigentlich. Ich zum Beispiel sinniere schon seit dem Sommer über eine Frage nach: Sag mir, wo die Arschgeweihe sind, wo sind sie geblieben? Arschgeweihe,  Entschuldigung, aber sie heißen nun mal so. Wo sind sie geblieben, was ist geschehn? Weder an des Dahmelands noch an anderen Stränden. Ich sah im Sommer kaum noch diese die entzückend schönen Rücken zierenden – böse Zungen sagen: verunstaltenden – Arschgeweihe. Hatte früher bald jede, vom Teenie bis zur reiferen Mutti, sich so ein Ding übers Steißbein tackern lassen, sind sie seit einiger Zeit weg. Einfach weg. Doch wohin? Das Wild stößt sich im Herbst sein Geweih ab, wie ist das bei den zweibeinigen Trägerinnen? Abgestoßen – kann ja nicht sein.

Arschgeweihe wuchsen den Holden erstmals Ende der 90er Jahre mit der Bauch-frei-Mode. Mit Begriffen wie Steißgeweih, Steißbeintattoo oder Steißbeintribal wurde versucht, einen neutral klingenden Begriff  unters Volk zu bringen. Half aber nicht. Das Volk sagte Arschgeweih. Das Wort gibt es übrigens nur im Deutschen. Die Engländer sagen „tramp stamp“, was aber unfein ist, weil es soviel wie Schlampenstempel  bedeutet. Arschgeweih – den Begriff kannte lange Zeit keiner. Noch 2004  konnte in der Sendung „Genial daneben“ keiner erklären, was das ist. Als 2009 die erste Barbie mit Geweih-Tattoo-Aufklebern zum Aufpappen vermarktet wurde, wussten bald auch die kleinen Mädchen, was das ist. Und wollten auch eins haben. Eine Zeit lang schauten nur noch Geweihe über den Schlüpperrand. Heute sehen das die meisten eher als eine Jugendsünde, die man gern loswerden würde. Die Sängerin Ina Müller thematisierte das in ihrem Lied „Bye Bye, Arschgeweih“. Und so ist das auch mit manchem Tattoo. Ist ja auch blöde: Wer sich vor Jahren eine Tattoo-Rose in den Dekolleté-Blickfang stechen ließ, muss heute damit leben, dass die Rose welk geworden ist und den Kopf hängen lässt. Oder diejenigen, die sich die Köpfe ihrer Liebhaber auf ihre Rundungen im Ausschnitt tätowieren ließ, müssen heute sehen, was die für lange Gesichter bekommen haben.

Statt Arschgeweihe sind heute neben Tätowierungen aller Art an jeder sicht- und nicht sichtbaren Stelle Funkelsteine am Bauchnabel „in“. Inzwischen sind aber Männer geil auf eine neue Art von Arschgeweihen. Männliche Arschgeweihe sozusagen. Man sieht sie in Form von blitzenden Teufeln häufig an der Heckklappe rund ums Autofirmenlogo drapiert. Nicht gestochen, sondern festgeklebt. Kein Mann würde an seinem besten Stück rumstechen lassen! Falls Sie es interessiert: Ich bin tattoolos. Weshalb? Ganz einfach: Man pappt ja an einen Ferrari auch keine Aufkleber. Und überhaupt.

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