Wunder gibt es immer wieder

Der Flughafen BER wird am Sonnabend eröffnet / Drei Terminals sind startklar
Am ersten Abflugtag werden 13000 Passagiere erwartet

Der Flughafenname Berlin-Schönefeld ist endgültig getilgt. Die erste S-Bahn rollt schon in den Bahnhof unter dem Hauptterminal des neuen Airports Berlin Brandenburg ein. Und in drei Tagen werden dort am Sonnabend, 31. Oktober, Punkt 20 Uhr die Türen für den allgemeinen Flug- und Publikumsverkehr aufgeschlossen.

Beim Schreiben dieser Zeilen schaut man schon etwas ungläubig auf Tastatur und Monitor. Ist das wirklich wahr nach fast 20 Jahren eigener Berichterstattung über das Projekt „Großflughafen“? Da ist die lange und sicher auch berechtigte Standortdebatte; da ist der Streit bei Planfestestellungs- und diversen Gerichtsverfahren sowie über Flugrouten und Nachtflüge; dann rücken die Hoffnungen in den Blick, die mit dem ersten Spatenstich im Jahr 2006 und dem zunächst rapiden Baufortschritt verbunden sind; es geht aber auch um die Wunden, die der Abriß der Dörfer Diepensee und Kienberg hinterläßt; schließlich die erste Terminverschiebung und die Katastrophe, als drei Wochen vor der geplanten Eröffnung am 3. Juni 2012 die Reißleine gezogen wird. Die Baumängel sind zu gravierend, der Brandschutz funktioniert nicht. Was folgt, klingt wie der Endlosvers von „Ein Mops kam in die Küche …“. Geschäftsführer, Aufsichtsratsvorsitzende, Ministerprädsidenten, ach ja und auch die Eröffnungstermine kommen und gehen – 2013, 2014/15, Herbst 2017 und schließlich vielleicht 2018 sind nur einige der Daten, die allesamt wieder kassiert wurden.

Das Desaster in den Kabelsträngen und rund um die Entrauchungsanlage, die intern nur noch das Monster heißt, ist so groß, dass nicht mehr nur unter der Hand vom Abriß des gesamten Baus die Rede ist. Als im Frühjahr 2017 eine neue Geschäftsführung unter Prof. Dr. Engelbert Lütke Daldrup installiert wird, ist in der Öffentlichkeit jeder Glaube an eine Wende dahin. Einer Umfrage vom Mai 2017 zufolge rechnet nur noch jeder vierte Deutsche damit, dass der BER jemals eröffnet wird. Dem Team um den neuen Flughafenmanager gelingt es aber, sich in die gravierende Mängelliste hinein zu arbeiten. Im Dezember 2017 wird der Flughafen-Start für Herbst 2020 verkündet. Während die Skepsis eigentlich bis in diesen Sommer hinein groß bleibt, wird am 1. Oktober dieses Jahres die offizielle Betriebserlaubnis erteilt.

„Wir können den BER guten Gewissens in Betrieb nehmen“, sagt nun Engelbert Lütke Daldrup. Zuletzt wurden noch die ­Mülleimer vergrößert, die Beschilderung angepasst, fehlende Uhren aufgehangen und Ladesäulen für Handys beschafft. Dies geht insbesondere auf die Hinweise der fast 10000 Komparsen zurück, die bis vor kurzem trotz Corona die Abläufe testen. Somit können am 31. Oktober zunächst zwei Sonderflüge von easyjet und Lufthansa landen. Am Abend beginnen die regulären Ankünfte am BER, am 1. November heben diese Maschinen von dort wieder ab. An diesem Tag werden rund 5000 Passagiere am Terminal 1 erwartet. Hinzu kommen knapp 8000 Passagiere am Terminal 5. Unter diesem Namen firmiert bereits seit dem letzten Sonntag der ehemalige Flughafen Schönefeld. Mit dem neuen Terminal 2, das aufgrund von Corona noch nicht genutz werden muss, sind somit drei Terminals mit einer Kapazität von weit über 40 Millionen Passagieren pro Jahr startklar. TM

Der Plan 
2006 Die Zukunft stets im Blick:  Der langjährige Bürgermeister von Schönefeld  Dr. Udo Haase verlor trotz aller Rückschläge nie seinen Optimismus. Die Entwurfsskizze des Großflughafens aus den fünziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts (!!), die er im neuen Rathaus aufhängen ließ, war ihm schon vor dem ersten Spatenstich ein gutes Omen. Dieser erfolgte am 5. September 2006. Damals war die Eröffnung für 2011 vorgesehen.
Fotos: V. Elbe/ T. Müller