Zufrieden oder nicht?

Brandenburg liegt im deutschen Zufriedenheitsranking auf dem vorletzten Platz

Zunächst Ihnen allen: Ein glückliches neues Jahr. Ein alljährlicher Wunsch. Inwieweit geht er in Erfüllung? Sind wir glücklich und zufrieden oder nicht? Nicht allein mit den persönlichen Lebensumständen wie verliebt, Kind bekommen, mehr Geld, sondern mit unseren Leben an sich. Und da müssten eigentlich die Brandenburger mit am glücklichsten sein. Denn die Brandenburger und die Berliner sind bekanntlich nur glücklich, wenn sie was zu meckern haben. Und das hatten sie. Aber dazu später.
Wie glücklich sind wir? Um diese Frage zu beantworten, lässt die Deutsche Post immer zum Jahresultimo durch Forscher von der Universität Freiburg einen Glücksatlas zusammenpriemsen, der die Veränderung der Lebenszufriedenheit untersucht. Sie vermessen des Volkes Stimmung und bewerten dessen Zufriedenheit. Ergebnis für 2017: Der Wohlstand in Deutschland wächst – aber nicht das Glücksempfinden. Die Wirtschaft boomt, die Wirtschaftsindikatoren erreichten im Vorjahr einen Rekordwert: Die Beschäftigung ist so hoch wie noch nie in der Geschichte, auch das Bruttoinlandsprodukt (die Menge aller produzierten Güter und Dienstleistungen) erreichte ein historisches Hoch. Doch die Lebenszufriedenheit der Bundesbürger macht diesen Höhenflug nicht mit.

Im Jahr 2017 erreichte der Deutschen Glücksniveau 7,07 Punkte von 10 möglichen. 2016 lag er bei 7,11 Punkten – die Deutschen sind also  ein wenig unglücklicher geworden. Es zeigte sich: Immer nur mehr zu haben, macht die Menschen nicht unbedingt zufriedener. Subjektives Glück definiert sich vor allem durch private Faktoren wie Gesundheit, ein sicheres Einkommen und eine stabile Partnerschaft. Sozialer Abstieg führt dagegen zur Frustration. Lange Arbeitslosigkeit ist neben Krankheit und Tod des Partners einer der großen Risikofaktoren für Unzufriedenheit. Und obwohl die Deutschen immer nur unzufrieden scheinen, zählen sie entgegen ihrem Image zu den „ziemlich zufriedenen“ Europäern. Auch der Streit über die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel scheint die private Lebenszufriedenheit nicht nachhaltig beschädigt zu haben.

In der EU steht das messbare Lebensglück bei 6,7 Punkten. Auf Platz 1 in Europa liegt erneut Dänemark. Dort wohnen die mit Abstand die glücklichsten Europäer, Deutschland ist im europäischen Vergleich im oberen Drittel, auf Platz neun. Besonders unzufrieden sind die Menschen in Staaten Ost- und Südeuropas mit hoher Arbeitslosigkeit. Die unglücklichsten Europäer sind hingegen die krisengebeutelten Griechen.

Und wie sieht es in deutschen Landen selbst aus, wo wohnt hier das Glück? Auf Platz 1 steht Schleswig-Holstein. Es ist mit 7,43 Punkten zum fünften Mal in Folge die zufriedenste Region Deutschlands. Verblüffend nur: Die Menschen in der ländlich geprägten Region an der Küste gehören zwar keineswegs zu den reichsten Deutschen, scheinen aber in einer besonders gute Balance von Beruf und Familie zu leben, vielleicht ist es aber auch die norddeutsche „LmaA“-Mentalität. Oder auch das Miteinander von Mensch und Natur in dem nördlichen  Bundesland spielt eine Rolle. Die Schleswig-Holsteiner sind auch besonders zufrieden mit ihrer Wohn- und Freizeitsituation (7,74 Punkte), aber auch mit ihrer Gesundheit (6,62 Punkte) sowie ihrem Haushaltseinkommen (6,91 Punkte). Trotz der Tatsache, dass die Küstenbewohner  mit einem durchschnittlichen Bruttolohn von 29.422 Euro im Jahr das niedrigste Einkommen im Westen haben. Die Forscher stellen auch fest: „Der Anteil der über 65-Jährigen liegt in Schleswig-Holstein über dem Bundesdurchschnitt. Trotzdem gibt es weniger Pflegebedürftige und weniger gesundheitlich beeinträchtigte Personen als im Rest der Republik“, stellen die Forscher fest. Beides sind Gründe für eine überdurchschnittliche Bewertung bei Zufriedenheit mit der Gesundheit. Einen kulturellen Zufriedenheits-Einfluss könnte auch die Nähe zum europäischen Glückschampion Dänemark haben. Auf den nächsten Plätzen in der Zufriedenheitshitliste stehen Hamburg und Baden. Gut stehen auch Hessen und die Regionen Franken und Bayern-Süd da.

Und der Osten?  Der gesamte Osten steht  am unteren Ende des Glücks. Die Berliner sind jetzt glücklicher als die Sachsen  – und  Brandenburg ist auf dem vorletzten Platz des aktuellen Glücks-Rankings gelandet. Der Zufriedenheitsgrad der Märker schwankt nach Regionen: Im Berliner Speckgürtel  sind 61 Prozent zufrieden, in der Peripherie Brandenburgs nur 50 Prozent. Die glücklichsten Ossis leben in Thüringen. Mecklenburg-Vorpommern konnte sich von allen Bundesländern am stärksten verbessern. Weiter abgerutscht ist hingegen Sachsen-Anhalt. 500 Jahre nach Luther trägt das „Ursprungsland der Reformation“ wie bei vielen anderen Kriterien die rote Laterne in der Bundesrepublik: Hier gibt es die meisten unglücklichen Menschen.

Aber die Zahlen allein sind nicht aussagekräftig. Jahrelang war das Glücksniveau in den ostdeutschen Ländern viel niedriger als zum Beispiel in Hessen oder Baden-Württemberg. Zwar sind die Menschen im Osten mit ihrem Leben tendenziell immer noch weniger zufrieden als im Westen, doch die Unterschiede werden kleiner. „Im Jahr 2017 ist der Abstand zwischen der glücklichsten und unglücklichsten Region Deutschlands mit 0,6 Punkten so gering wie noch nie. Das spräche für eine kontinuierliche Angleichung der Glücksverhältnisse“, sagen die Forscher. Jedenfalls theoretisch.

Zwar stehen die Brandenburger im Glücksranking weit unter und meckern darüber – und sind damit doch wieder glücklich. Denn die Brandenburger sind  – wie schon angeführt – nur glücklich, wenn sie was zu meckern haben. Und das haben sie immer. Und wenn sie nichts zu meckern haben, dann sagen sie: Et jibt nüsdcht zu meckern – was auch wieder Glück ist.

Ulrich Rochow; Glücksatlas

B: pixabay

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